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Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert


   
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Jugendstil

19. Jh.

Gegen 1880 entsteht eine neue Kunstrichtung, die ca. 25 Jahre umfaßt und fast alle Kunstgattungen (z.B. Architektur, Malerei, Plastik, Literatur und Grafik) beeinflußt: der Jugendstil.

Ursprung:

Jugendstil ist als eine Antwort auf die industrielle Revolution (s. Heine und schlesische Weber)zu verstehen. Die Einführung der Massen- und damit Billigproduktion in den modernen Industriestätten ermöglichte einerseits den Konsumbedarf bislang unerreichter Käuferschichten zu decken, andererseits wurde mehr und mehr das traditionelle Handwerk verdrängt. In dieser Zeit schuf William Morris in England seine Bewegung Art and Crafts (Kunst und Handwerk).

Die von ihm begründeten Werkstätten sollten in Konkurrenz zur Industrie, die hochwertige Kunsthandwerkskunst am Leben erhalten. Auch setzte er sich gegen die damals vorherrschenden unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken ein. 1881 gründete M. Morris mit Freunden die Firma Morris, Marshall, Faulkner and Company. Die Firma stellte u.a. Gebrauchtmöbel, Tapeten, Stoffe und Stickereien her. Bei seinen Stoffentwürfen ließ sich Morris von Pflanzen und Tiermotiven aus dem 16/17. Jahrhundert inspirieren. Hier sind also die ersten Ansätze der Gestaltung mit floralen und ornamentenalen Formen, die den Jugenstil so sehr charakterisieren, anzutreffen.

Formsprache des Jugendstils:

Typisch für den den Jugenstil: die geschwungene, fließende Linie. Der gerade Strich oder der rechte Winkel wurden abgelehnt. Hauptsächlich wurden florale Motive (Ranken, Blätter und Blüten) verwendet, aber auch Motive aus dem Tierreich (Schlangen, Insekten, Libellen usw.) und der weibliche Körper (lange, aufgelöste, wallende Haarmassen) boten unendliche Gestaltungsmöglichkeiten.

Jugenstil allgemein:

Stark beeinflußt wurde der Jugendstil durch die japanischen Farbholzschnitte. Um 1860 entwickelte sich der Handel mit Japan; die Ästhetik von Form und Fläche, die Ausgewogenheit von Vorder- und Hintergrund ohne eine große Perspektive in den Bildern zu benötigen, beeindruckte die Künstler des Jugendstils. Die Holzschnitte aus Japan waren etwas komplett anderes, was in dieser Zeit auch dringend gesucht und benötigt wurde. Kurz: sie waren mehr als "in". Man muß auch die damalige Zeit verstehen, nicht nur die schon angesprochene Industrialisierung findet ihren Vormarsch, auch gigantische Erfindungen wie z.B. Telegraph, Dampfschiff und Eisenbahn revolutionieren die Kommunikation, die Infrastruktur und Technik und damit die komplette Gesellschaft. Alles ist im Umbruch, es ist hektisch in den Großstädten und es steht ein Jahrhundertwechsel vor der Tür. Daß die Kunst nun auch nach eigenständiger Ausdruckskraft sucht, etwas Modernen will, ist folgerichtig.

Maßgeblich ist aber der Gedanke, die Natur dem Menschen wieder näher zu bringen. Die Natur in allen Dingen des Alltags einzubeziehen, da sie hauptsächlich in den industriellen Ballungszentren verloren zu gehen schien.

Der Jugendstil ist sehr facettenreich und vielseitig. Wie schon eingangs erwähnt, im Jugendstil zu denken und zu entwerfen heißt - Verwendung der geschwungenen, ab- und anschwellenden Linie. Viele Ursprünge aus den unterschiedlichen Epochen (z. B. Spätgotik und Rokoko) aber auch nationale, traditionelle Einflüsse machen den Jugenstil sehr vielschichtig. Beispielsweise ist in Schottland durch die Verwendung keltischer Elemente der Jugendstil anders als in den skandinavischen Ländern, hier war mehr der Einfluß der Kunst der Wikinger zu finden. Selbst die Kunst aus Persien, Nordafrika, der Türkei und Java hat den Jugenstil beeinflußt und geprägt.

Im neuen Jahrhundert war der Jugendstil der erste Kunststil. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß in Frankreich der international gebräuchlichste Name für Jugendstil "Art Nouveau" geschaffen wurde. (Samuel Bing, Kunsthändler in Paris, eröffnete einen Kunstgewerbeladen und nannte ihn "La Maison de I'Art Nouveau".) In Deutschland und Österreich konnte sich der Jugendstil nicht gleichwertig wie in Frankreich etablieren, auch wurde er hier mehr unter der Bezeichnung Sezession bekannt. Ein führerender Vertreter war Gustav Klimt (1862-1918).

Die Vielseitigkeit des Jugendstils:

Neue Materialien standen nunmehr zur Verfügung. Die Verwendung von Glas und Metall (Eisen) boten durch ihre Eigenschaften neue, kreative Einsatzmöglichkeiten. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß der Jugendstil auch Einzug in der Architektur fand. Eisen konnte den traditionellen Ziegel ablösen und Glas bzw. Buntglas bot das notwendige Licht/Helligkeit in den Gebäuden. Gerade in Frankreich konnte sich der Jugendstil sehr im öffentlichen Leben durchsetzen (z.B. Eiffelturm oder Guimards Metro-Eingänge).

Durch die verbesserten Drucktechniken konnte sich aus dem Buchdruck das Plakat als eigenständige Kunstform entwickeln. Es gab nun auch die Grafik. Gerade die Werbung fand hier neue Wege, dies für sich zu nutzen. Mit Toulouse-Lautre, Chéret, Grasset und Mucha im Paris des Fin de siecles erlangt das Plakat höchste Vollendung. Buchstäblich über Nacht wird der tschechische Grafiker und Maler Alfons Mucha (1860 - 1939) für ein Plakat für die Schauspielerin Sarah Bernhard bekannt.

Der Jugendstil wird aber auch in der Literatur, Malerei und in der Objekt- und Formgestaltung Anwendung finden. (Möbel, Schmuck, Gegenstände des alltäglichen Lebens).

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Jugendstil erforderte ein sehr hohes Maß an handwerklichem Können und damit stand die Bewegung im Gegensatz zur Herstellung von Massengütern. Jugendstilprodukte waren in ihrer Herstellung teuer und daher hauptsächlich den Wohlhabenden vorbehalten. Trotdem führte der Werkstattgedanke Jugendstilkünstler aus ganz Europa und Amerika zusammen, um einerseits alte Handwerkstechniken wiederzubeleben (Art-and-Crafts-Bewegung) und gleichzeitig künstlerische Entwürfe an die maschinelle Verarbeitung anzusassen. Gerade dies ist der Vorreiter für etwas, was für uns mittlerweile selbstverständlich geworden ist: die Verbindung von anspruchsvollem Design und Funktionalität von Produkten.


Quelle:
Jugendstil - Die ästhetische Kunstrichtung
Sonderausgabe für den MERIT-Verlag Hambug

Gottfried Fliedl
Gustav Klimt, Die Welt in weiblicher Gestalt, Benedikt Taschen Verlag

http://www.schwarzaufweiss.de/Prag/was_it_jugendstil.htm

Links:
Biographie Henri de Toulouse-Lautrec (1864-1901): http://hbs.hh.schule.de/lernorte/jugendstil/Jugendstil/Toulouse-Lautrec.htm

Japanische Holzschnitte, Mangas und mehr:
http://www.personal.uni-jena.de/~b1risa/gabmanga.htm#1