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Kulturgeschichte - 20. Jahrhundert - Filmgeschichte


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Uhrwerk orange / Clockwork Orange (Stanley Kubrick, USA 1971)
Stand: 15. März 2007 (Endstand)

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Besprechung von Jonas Mayer
 
Team - Inhaltsangabe - Schlüsselszenen - Interpretation - Besonderheiten /Dytstopien - Werkverzeichnis - Quellen
 
Schnellübersicht
Der gesellschaftskritische Film „Clockwork Orange" / „Uhrwerk Orange" von Stanley Kubrick (nach dem Roman „A Clockwork Orange" / „Das Uhrwerk Orange" von Anthony Burgess) handelt von dem Jugendlichen Alex, der wegen bösartigen Verhaltens einer Therapie zur Abtötung des bösen Impulses und des Verlangens nach Sex unterzogen wird. Der „Geheilte" ist aber kein ganzer Mensch mehr, der frei handeln kann, sondern nur noch ein „Uhrwerk Orange" , das seiner Umwelt hilflos ausgeliefert ist.
 
Teamvorstellung - Seitenanfang
 
Regie
Stanley Kubrick
 
Buch
Anthony Burgess/ Stanley Kubrick
 
Darsteller - Seitenanfang
 
Alexander DeLarge
Malcolm McDowell
 
Mr. Alexander
Patrick Magee
 
Mrs. Alexander
Adrienne Corri
 
Chief Guard
Michael Bates
 
Dim
Warren Clarke
 
Georgie
James Marcus
 
Pete
Michael Tarn
 
Dr. Brodsky
Carl Duering
 
Penner
Paul Farrell
 
Katzenlady
Miriam Karlin
 
Mr. de Large (Alex' Vater)
Philipp Stone
 
Mrs. de Large (Alex' Mutter)
Sheila Raynor
 
Mr. Deltoid
Aubrey Morris
 
Gefängniskaplan
Godfrey Quigley
 
Untermieter
Clive Francis
 
Julian
David Prowse
 
 
Inhaltsangabe - Seitenanfang
Der Anfang des Films beschreibt, wie der Jugendliche Alexander DeLarge mit seiner Gang, den „Droogs", die Abende verbringt. Der Film beginnt in der "Korowa"-Milchbar, wo Alex(ander) mit Drogen versetzte Milch (Moloko Plus) trinkt und sich auf den Abend vorbereitet. Alex' Gang besteht auf ihm selber, Dim, Georgie und Pete und er spricht in dem halb englisch, halb russischem Slang Natsat. In diesem Slang erzählt der Hauptdarsteller Alex während des Film seine Geschichte aus der Ich-Perspektive.
 
Die nächste Szene zeigt, wie die Droogs nur zum Vergnügen einen Obdachlosen zusammenschlagen. Danach treffen Alex und seine Droogs in einem verlassen Theater auf eine befeindete Bande, die versucht, ein Mädchen zu vergewaltigen. Die Begegnung endet in einer Schlägerei, in der Alex' Droogs zwar die Oberhand gewinnen, jedoch wird sie aber abgebrochen, als die Polizei eintrifft. Nachdem die Gang aus dem Theater geflohen ist, klauen sie sich ein Auto und fahren zu einem Haus auf dem Land, in dem ein älterer Schriftsteller mit seiner Frau lebt. Sie dringen in das Haus ein, fesseln und malträtieren das Ehepaar und vergewaltigen die Frau vor den Augen ihres Mannes. Nach ihrem Trip trinken sie in der Moloko-Mich Bar noch eine Milch. Eine Frau in der Bar fängt an „Freude schöner Götterfunken" zu singen. Der Droog Dim unterbricht diesen Gesang mit einem unflätigen Geräusch, woraufhin ihn Alex kurzerhand mit seinem Stock schlägt. Dim will sich das nicht gefallen lassen und fordert Alex zu einem Kampf heraus. Nachdem Alex ihn beschwichtigt und auf seine Anführer-Position in der Gang hingewiesen hat, gehen die Gangmitglieder nach Hause. Bevor Alex schließlich ins Bett geht, hört er Beethoven und gerät dabei nahezu in einen Rauschzustand.
 
Am nächsten Morgen trifft er in der Wohnung, in der er und seine Eltern leben, auf Mr. Deltoid, den ihm zugewiesenen Beamten des Jugendamtes. Mr. Deltoid befragt Alex, ob er in letzter Zeit etwas angestellt hat und macht ihm klar, dass er nicht mehr durch seine illegalen Aktivitäten auffallen soll.
 
Den Tag verbringt Alex damit, im Plattenladen zwei junge Damen zu verführen.
 
Am Abend begegnet er im Hausflur seiner Gang, die ihm klar macht, dass sie unter der Führung von Georgie nun echte lukrative Raubzüge machen will. Alex willigt zunächst ein, stellt aber auf dem Weg zur Milchbar gewaltsam klar, dass er sich von seinem Anführerposten nicht verdrängen lässt. Die Gang plant, am Abend bei einer Frau einzubrechen. Bei diesem Einbruch gerät Alex mit der Frau in einen Kampf, in dem er ihr Verletzungen zufügt, an denen sie später sterben wird. Er versucht zu fliehen, als er Sirenen hört, wird aber an der Türschwelle von seinen Droogs niedergeschlagen.
 
 Er wird ins Staatsgefängnis eingewiesen, wo er sich gut beträgt und freundet sich mit dem Gefängnispfarrer an. Daher wird er auf eigenen Wunsch hin für die „Ludovico"-Methode ausgewählt, eine Methode um den Sträflingen den kriminellen Impuls zu nehmen. Alex muss diese Therapie drei Wochen über sich ergehen lassen. Er muss sich Filme mit gewalttätigem und sexuellem Inhalt anschauen, während er in ein Gestell gespannt wird, dass es ihm unmöglich macht, die Augen abzuwenden. Währendessen wird ihm eine Droge verabreicht, die ihn in Angstzustände versetzt. Einer der Filme ist jedoch mit der 9. Symphonie Beethovens unterlegt. Die Therapie funktioniert: Alex ist nicht mehr imstande, einen Gedanken an Sex oder Gewalt zu haben, erträgt aber auch nicht mehr die 9. Symphonie.
 
Er wird entlassen und möchte nach Hause in sein Zimmer einziehen. Dieses ist aber von einem Untermieter besetzt, der ihn hinauswirft. An der Promenade begegnet er dem Penner, den er zu Anfang des Films verprügelt hat. Dieser verprügelt ihn nun mit seinen Pennerfreunden.
 
Alex wird jedoch von zwei Polizisten gerettet, die sich als seine ehemaligen Droogs herausstellen und die ihn für seinen schlechten Einfluss strafen möchten. Sie fahren mit ihm aufs Land, tauchen seinen Kopf in einen Bottich mit Wasser und schlagen ihn mit ihren Gummiknüppeln. Nachdem er zurückgelassen wurde, sucht Alex in dem Haus Hilfe, in dem der Schriftsteller lebt, den er verprügelt und dessen Frau er vergewaltigt hatte, die daraufhin gestorben ist. Der Schriftsteller erkennt ihn wieder, lässt ihn von Reportern über die „Ludovico"-Technik befragen und erfährt so, dass bei Alex das Anhören der 9. von Beethoven den Wunsch nach Selbstmord bei ihm erzeugt. Daraufhin sperrt der Schriftsteller ihn in einen Raum im Obergeschoss des Hauses ein und setzt ihn der 9. Symphonie aus, woraufhin sich Alex vor Verzweiflung aus dem Fenster stürzt. Er wacht im Krankenhaus auf, wo der Minister ihm anbietet, ihn von nun an finanziell zu versorgen, wenn er das Ludovico-Thema in der Öffentlichkeit positiv darstellt. Alex nimmt das Angebot bereitwillig an.
 
Schlüsselszenen - Seitenanfang
 
Die Einleitungs-Szene
Die erste Szene des Films beginnt nach dem 50 Sekunden langem Vorspann (0:00:50), in dem die wichtigsten Mitwirkenden in weißen Lettern auf rotem Grund vorgestellt werden. Die Szene besteht aus einer einzigen Einstellung und dauert eine Minute und 28 Sek. (bis 0:01:28)
 
Die nächste Einstellung beginnt mit einer Großaufname von Alex. Er hat einen Hut auf und falsche Wimpern unter dem linken Auge. Während der Einstellung vergrößert sich der Bildausschnitt bis die Handlungsraum in der Totale sichtbar ist: Die Moloko-Milchbar. Nach und nach werden die verschiedenen Elemente des Raumes sichtbar: Die restlichen Droogs (Erst Gorgie und Dim, danach Pete) Die Schriftzüge auf den Wänden der Bar, die restlichen Besucher, die Einrichtung (Figuren von nackten Frauen als Tische und Milchspender). Die Einstellung endet mit der Totale des Raumes. Während der Szene schildert Alex (aus dem Off), dass sie sich durch das Trinken der mit Drogen versetzten Milchshakes, die es in der Bar gibt, auf einen großen Abend einstellen, voller „Ultrabrutale".
 
 
 Wichtige Szene:
Die Szene, der ich eine besondere Bedeutung zuordne, beginnt bei 0:17:10. Ich halte diese Szene für besonders wichtig, da sie alle wichtigen Aspekte des Films und Alex' Charakters zusammenführt und sie ist notwendig, um die Wandlung Alex sowie seine Intention zu verstehen.
 
Die Szene zeigt Alex in seinem Zimmer wie er sich an der 9. Symphonie berauscht. So wie das Lied (Ode an die Freude) besingt, woran der Mensch Freude hat und wie natürlich diese Freude ist, beschreibt die Szene, woran Alex außerdem aus einem natürlichen Trieb heraus seine Freude hat. Er legt sich auf sein Bett und die Beute der vergangenen Nacht in seine Nachttisch-Schublade, in der schon viele erbeutete Wertsachen verwart sind. Außerdem nimmt er aus einer Schublade sein Haustier - eine Schlange - und setzt sie auf einen Ast, der an der Wand befestigt ist und vor einem Wandbild einer nackten Frau mit gespreizten Beinen hängt (Dies wird noch eine größere Bedeutung haben). Er kommentiert (Stimme aus dem Off), einem solchen Abend fehle nur noch etwas von dem „guten altern Ludwig van".
 
Hier beginnt der für uns interessante Teil der Szene. Nachdem Alex eine kleine Kassette in ein Abspielgerät getan hat, beginnt zu der Neunten Symphonie eine Abfolge von rasanten Schnitten.
 

0:18:07

1.

Beginn: Zoom auf ein Bild von Beethoven auf der Rolladen des Fensters in Alex' Zimmer

0:18:13

2.

Das Wandbild mit Frau wird von oben bis unten abgefahren, davor der Ast mit der Schlange die sich in die Höhe aufrichtet (Der Eindruck einer Frau, die von einer Schlange begattet wird, entsteht), Die Einstellung endet auf einem Kunstwerk aus vier identischen von einem Kreuz getrennten Jesusfigürchen, die sich kumpelhaft umschlungen haben.

0:18:34

3.

Nahaufnahme: Gesicht einer der mittleren Figuren

4.

Nahaufnahme: blutige Hand einer der Figuren

5.

Nahaufnahme: blutiger Fuß einer der Figuren

0:18:35

6.

Nahaufnahme: Die vier Köpfe der Figuren ab der Brust

0:18:36

7.

Nahaufnahme: Die Beinpaare von zwei Figuren

8.

Nahaufnahme: Gesicht einer Figur

9.

Nahaufnahme: Alle vier Figuren von den Knien auf (schräg)

0:18:37

10.

Nahaufnahme: Gesicht einer Figur

11.

Nahaufnahme: Unterarm einer Figur

0:18:38

12.

Nahaufnahme: Die vier Köpfe der Figuren ab dem Bauch

13.

Nahaufnahme: Unterarm einer Figur

0:18:39

14.

Nahaufnahme: Gesicht einer Figur

15.

Nahaufnahme: Ein Beinpaar

0:18:40

16.

Nahaufnahme: Alle vier Figuren von den Knien auf (schräg)

17.

Nahaufnahme: Unterarm einer Figur

0:18:41

18.

Nahaufnahme: Gesicht einer Figur

19.

Nahaufnahme: Die Beinpaare von zwei Figuren

0:18:42

20.

Nahaufnahme: Der Oberkörper von zwei Figuren ab den Oberschenkeln

21.

Nahaufnahme: Unterarm einer Figur

0:18:43

22.

Nahaufnahme: Gesicht einer Figur

23.

Das Gesicht Alex' in dem Rausch der Musik. Aus dem Off: Alex beschreibt die Musik auf poetische Weise.

0:19:04

19.

Bild Beethovens Aus dem Off: „Und Während ich so lauschte sah ich so liebliche Bilder"

0:19:07

20.

Die Hinrichtung einer Frau im Brautkleid

0:19:11

21.

Nahaufnahme: Alex' Gesicht als Vampir.

0:19:12

22.

Die Sprengung eines Berges (Halbtotale)

0:19:14

23.

Nahaufnahme: Alex' Gesicht als Vampir.

0:19:14

24.

Die Sprengung einer Hütte (Totale)

0:19:16

25.

Nahaufnahme: Alex' Gesicht als Vampir.

0:19:16

26.

Drei Männer, die von einer Steinlawine erschlagen werden.

0:19:18

27.

Nahaufnahme: Alex' Gesicht als Vampir.

0:19:20

28.

Ein ausbrechender Vulkan

 
Interpretation mit Belegstellen - Seitenanfang
Das Buch und der Film behandeln eine weite Spannbreite psychologischer, soziologischer, religiöser und geschichtlicher Themen. Es wird die Frage nach den Definitionen von "gut" und "böse" gestellt und nach den „bösen Motiven" gesucht. Die Herrschaftsverhältnisse einer Gruppe Jugendlichen werden dargestellt und es wird auf biblische und geschichtliche Vorkommnisse hingewiesen. Die "Ludovica-Methode" erfordert eine Analyse aus der Sicht der Psychotherapie.
 
Ich habe mir diesen Film für eine Besprechung ausgesucht, da er
 
1. diese Fülle an Themen anbietet;
 
2. verschiedene Arten von Gewalt auf eine Weise dargestellt werden, wie es vorher nie in einem Film zu sehen war.
 
Die Gewalt ist durchaus der Aspekt an dem Film, der am heftigsten wahrgenommen wird. Stanley Kubrick verwendet sehr brutale Szenen, die er mit klassischer Musik in Szene setzt. Man tut dem Film nicht Unrecht, wenn man ihn als "gewaltverherrlichend" bezeichnet, ganz im Gegenteil: Der Regisseur legt es darauf an, die gezeigte Gewalt zu verherrlichen, so wie die Gewalt im Buch auch immer romantisch beschrieben wird. Es muss jedoch bemerkt werden, dass die Gewalt, die im Film gezeigt wird, weniger heftig ist, als die im Buch. Der Film hat eine hitzige Diskussion verursacht. Man hatte vor seiner Veröffentlichung nie so starke Bedenken, Gewalt im Medium Film könne die Gesellschaft schädigen, wie nachher. Dieser Film ist in den USA mit einem "X-Rating" (Nicht geeignet für Kinder und Jugendliche) in die Kinos gekommen und erst später kam eine gekürzte Version heraus, die die Einstufung "R" (unter 17 Jahren nur in Begleitung eines Erwachsenen) bekam. Der Regisseur sah sich sogar gezwungen, den Film in England wieder aus den Kinos zu nehmen, weil die Polizei ihn unter massiven Druck setzte. Erst 29 Jahre später gab es ihn wieder in England zu sehen. Einige Kritiker behaupteten, der Film sei „brutal und inhaltsleer" andere bezeichneten ihn als „bitterböse Satire auf die Entmenschlichung unserer Gesellschaft".
 
Es stellt sich unweigerlich die Frage, warum grade dieser Film eine solche Reaktion verursachte.
 
Ich denke, dass dieser Film den Menschen die eigene „bösartige" Seite zeigt, indem er extreme Gewalt auf einer Weise darstellt, dass die Zuschauer selbst daran ihre Freude haben, obwohl sie wissen, dass das Gezeigte brutal und im Grunde kein Anlass zur Freude ist. Dieser innere Widerspruch ist für viele Zuschauer unangenehm. Wie Kubrick diese Gewaltdarstellung erzeugt, lässt sich am besten in der Szene erkennen, als sich Alex' Droogs mit einer anderen Gang prügeln.  
 
Die Szene beginnt mit dem Bild eines Blumengesteck (Blumen = Zeichen für Freude und Lebendigkeit sowie Zerbrechlichkeit). Nach den ersten Sekunden ist zu erkennen, dass sich die Szene in einem Theater abspielt (Im Buch findet die Szene auf einem Industriegelände statt.). Auf der Bühne wird eine Frau von einer Bande festgehalten und versucht, sich mit aller Kraft loszureißen. Diese Bewegungen auf der Bühne könnte man zusammen mit der Musik im Hintergrund (Ballettmusik) schon fast als eine Art Tanz auffassen. Aus dem Dunkel des zerstörten Zuschauerraums tritt Alex' Gang hervor, die sich danach mit der anderen Gang prügelt. Diese Prügelei scheint auch schon fast mehr wie ein Ballet.
 
Diese fast tänzerischen Elemente erfreuen das Auge des Zuschauers, obwohl er genau weiß, dass das Gezeigte massive Gewalt darstellt. Der Zuschauer wird also eingeladen, an der Brutalität seine Freude zu haben - genau wie Alex.
 
Andererseits könnte der Film auch so negativ betrachtet worden sein, weil er eine Kritik an den Medien und an der Politik sowie der etablierten Gesellschaft anbringt. Beispiele hierfür:
 

a.

Der Minister greift zu unmenschlichen, nicht ausgereiften Methoden um die Gefängnisse für „politische Straftäter" (wahrscheinlich schlicht seine politischen Gegner) frei zu machen. Ein Kritik an dem Machthunger von Politikern.

b.

Mister Deltoit, der eigentlich als „Fürsorgebeauftragter" bezeichnet wird, sorgt sich nur um seine eigene Berufskarriere.

c.

Die Reporter des revolutionären Revolverblatts schrecken nicht davor zurück, aus Sensationsgeilheit das Unglück eines Menschen auszubeuten und - mehr noch - seinen Selbstmord herbei zu führen um daraus eine Story aus politischen Motiven zu machen.

 

d.

Die Gesellschaft gibt den Droogs die Möglichkeit, ihre sadistischen Bedürfnisse im Polizeidienst zu befriedigen.

 

Einen fast genauso großen Einfluss wie den Spaß an der Gewalt hat für Alex und den Film die Musik, die Alex konsumiert (insbesondere Beethoven). Die verwendete Musik intensiviert die Emotionalität der einzelnen Szenen. So wird in Szenen mit Gewalt (vor der Ludovico-Therapie) besonders wilde Musik von Beethoven zur Unterlegung benutzt. Beethovens Musik unterscheidet sich in vielen Stücken von der anderer Komponistin seiner Zeit. Während man für gewöhnlich Musik komponierte, die leicht ins Ohr ging, hat Beethoven hat mit seiner „wilden" Musik etwas ganz Besonderes geschaffen.
 
Ganz besonders gut wird das Verhältnis von Alex zu Sex, Gewalt und Religion in der zweiten oben beschriebenen Szene verdeutlicht: Zu der "Neunten Symphonie" erscheinen ihm „wundervolle Bilder" (Eine Szene einer Hinrichtung, brennende Häuser, Menschen, die von Gesteinsbrocken getroffen werden u.s.w.). Außerdem verdeutlicht die Einrichtung des Zimmers Alex' Verhältnis zur Religion. Auf dem Tisch steht beispielsweise eine kleine Gruppe Jesusfiguren, die ursprünglich vielleicht an Kreuzen waren und die anscheinend von Alex so zueinander aufgestellt wurden, dass es aussieht als ob sie sich kumpelhaft gegenseitig den Arm über die Schulter legen. Wie Saufkumpanen scheinen sie. Ob dies eine Anspielung auf die Droogs sein soll, lässt sich nicht genau sagen, aber es stellt Alex' Hohn gegenüber der Kirche da. Im Buch behauptet Alex, er als Mensch wäre das Mittelding zwischen Gut und Böse (Gott und Teufel) und es obläge ihm zu entscheiden, auf welche Seite er stehen möchte. Das kann einer der Gründe sein, warum der Vatikan allen Christen den Film verboten hat.
 
Die Schlange von Alex richtet sich auf ihren Ast auf und verschmilzt mit dem Wandbild zu dem Bild einer Frau die von einer Schlange begattet wird. Dieser Vergleich mag für mache etwas weit hergeholt klingen, hat aber seine Begründung: Alex heißt mit vollem Namen Alexander DeLarge. Der Bezug auf Alexander den Großen ist unverkennbar. Der Umstand seines Namens und die Einstellung mit der Schlange zeigt die große eventuell Gemeinsamkeit auf: Die Einstellung zeigt nämlich die Mythen über die Zeugung Alexander des Großen. (Olympia wurde angeblich - nach eigener Aussage- von Zeus höchst persönlich in der Gestalt einer Schlage geschwängert, daraufhin behauptete Alexander er wäre der Sohn des Göttervaters).
 
Die beiden Personen „Alexander DeLarge" und „Alexander the Large" scheinen also beide eine Art „Götterkomplex" zu haben. Außerdem sehen sie sich beide als Anführer. Antony Burgess hat mit „Clockwork Orange" eine Science-Fiction-Geschichte geschrieben, die verschiedene Aussagen darstellt:
 
  • Die Boshaftigkeit ist Teil des menschlichen Seins.
  • Die Pubertät bringt es mit sich, gehässiges und sadistisches Verhalten abzulegen.
  • Die Gesellschaft entwickelt sich in einer menschenverachtenden Weise.

Das Buch schildert die Geschichte in romantischer Weise und zeigt wie Pubertierende Spaß an Gewalt haben. Stanley Kubrick erzeugt diese Freude beim Publikum und emotionalisiert die Handlung. Vor allem aber veranschaulicht er die oben genanten Thesen bildlich.

Alex stellt bei beiden Fassungen der Handlung (an meisten aber im Film) das personifizierte Böse dar. Die passende Erscheinung bietet hierfür der Hauptdarsteller Malcolm McDowell.

Alle diese Aspekte zusammen ergeben ein eingängiges Filmerlebnis, das einen zum Nachdenken über die jetzige Gesellschaft und das Wesen des Bösen an sich bewegt.

 
 
Besonderheiten - Seitenanfang
Clockwork Orange als Dystopie:
Eine Dystopie ist das Gegenteil der Utupie:
 
„Eine Dystopie (dys- altgr. für miss-, un-, übel-; topia lat. für Landschaftmalerei, -beschreibung, zu altgr.: topos für Ort, Gegend) ist eine Geschichte, die in einer fiktiven Gesellschaft spielt, welche sich zum Negativen entwickelt hat und stellt somit einen Gegenentwurf zu Thomas Morus' Utopia dar (Anti-Utopie). Aber auch (literarische) Endzeit ist eine Form der Dystopie. Häufig wollen die Autoren dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbilds vor Entwicklungen in der Gegenwart warnen. Eine dystopische Gesellschaft ist in der Regel charakterisiert durch eine autoritäre oder totalitäre Regierungsform bzw. eine Form repressiver sozialer Kontrolle."
 
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Suche?search=Dystopie&go=Artikel

 

Eine dystopische Gesellschaft ist in der Regel charakterisiert durch eine autoritäre oder totalitäre Regierungsform bzw. eine Form repressiver sozialer Kontrolle."
 
Dieser Film gehört zweifelsohne zu den Dystopien oder Anti-Utopien: Er zeigt eine (für die Entstehungszeit) nahe Zukunft, in der sich eine Gesellschaft, statt sich um ihre sozialen Probleme zu kümmern, sich ihren Problemfällen entledigt, indem man die Gedankenfreiheit einschränkt. Man kann diese Zukunftsvison auch als Vorstadium der Beschreibung einer künftiegn Gesellschaft in George Orwells „1984" betrachten - die wahrscheinlich berühmteste Antiutopie neben „The Matrix".

Anzeichen hierfür:

a.

Führende Machthaber entledigen sich ihrer politischen Gegner. (siehe Interpretation: a.)

b.

Großer Einfluss des Fernsehens in das Leben der Menschen (Clockwork Orange: Globovision / 1984: Teleschirme)

c.

Resozialisierung durch Gehirnwäsche-Methoden (Clockwork Orange: Ludovico / 1984: Elektroschock-Therapie)

Das Interessante an Science-Fiction-Filmen, die in einer Zeit spielen, die schon vergangen ist, ist, dass man sie mit dem tatsächlichen Zustand vergleichen kann. Tatsächlich kann man heute die Feststellung treffen, dass in unteren sozialen Schichten in urbanen Umgebungen die Gewalt und die sexuelle Verwahrlosung von Jugendlichen stattfindet.

 
Andere bekannte Dysopiefilme:
Metropolis (1927) von Thea von Harbou & Fritz Lang (Regie: Fritz Lang)
Brazil (1985) von Terry Gilliam
Matrix (1999) von Andy Wachowski & Larry Wachowski
Fahrenheit 451
 

 

 
Werkverzeichnis - Seitenanfang
Stanley Kubrick
 
1951 - Flying Padre
1951 - Day of the Fight
1953 - Fear and Desire
1953 - The Seafarers
1955 - Killer's Kiss
1956 - The Killing
1957 - Paths of Glory
1960 - Spartacus
1962 - Lolita
1964 - Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb
1968 - 2001: A Space Odyssey
1971 - A Clockwork Orange
1975 - Barry Lyndon
1980 - The Shining
1999 - Eyes Wide Shut
1987 - Full Metal Jacket
 
 
 
Quellen - Seitenanfang
 
Filmausgabe
Süddeutsche Zeitung Cinemathek - #37 Uhrwerk Orange
 
Links
http://www.imdb.com/title/tt0066921/
http://de.wikipedia.org/wiki/Uhrwerk_Orange_%28Film%29
http://de.wikipedia.org/wiki/Spezial:Suche?search=Dystopie&go=Artikel
 
Bücher
Burgess, Anthony: Die Uhrwerk Orange, Klett-Cotta; Auflage: 3., Aufl. (1999)
Duncan, Paul: Stanley Kubrick. Visueller Poet 1928 - 1999, Taschen Verlag; Auflage: 2., unveränd. Neuaufl. (April 2003)
Orwell, George: 1984, Ullstein Tb; Auflage: 17., Aufl. (2004)
 
 
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