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Biographie
Die
sieben Schwaben
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Ludwig
Bechstein
Die sieben Schwaben
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- Einmal waren sieben Schwaben
beisammen, der erste war der Herr Schulz, der zweite der
Jackli, der dritte der Marli, der vierte der Jergli, der
fünfte der Michal, der sechste der Hans, der
siebente der Veitli; die hatten alle siebene sich
vorgenommen, die Welt zu durchziehen, Abenteuer zu suchen
und große Taten zu vollbringen. Damit sie aber auch
mit bewaffneter Hand und sicher gingen, sahen sie's
für gut an, daß sie sich zwar nur einen
einzigen, aber recht starken und langen Spieß
machen ließen.
-
- Diesen Spieß faßten sie
alle siebene zusammen an, vorn ging der kühnste und
männlichste, das mußte der Herr Schulz sein,
und dann folgten die andern nach der Reihe, und der
Veitli war der letzte.
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- Nun geschah es, als sie im Heumonat
eines Tags einen weiten Weg gegangen waren, auch noch ein
gut Stück bis in das Dorf hatten, wo sie über
Nacht bleiben mußten, daß in der
Dämmerung auf einer Wiese ein großer
Roßkäfer oder eine Hornisse nicht weit von
ihnen hinter einer Staude vorbeiflog und feindlich
brummelte. Der Herr Schulz erschrak, daß er fast
den Spieß hätte fallen lassen und ihm der
Angstschweiß am ganzen Leibe ausbrach.
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- "Horcht, horcht", rief er seinen
Gesellen, "Gott, ich höre eine Trommel!"
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- Der Jackli, der hinter ihm den
Spieß hielt und dem ich weiß nicht was
für ein Geruch in die Nase kam, sprach:
- "Etwas ist ohne Zweifel vorhanden,
denn ich schmeck das Pulver und den
Zündstrick."
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- Bei diesen Worten hub der Herr Schulz
an, die Flucht zu ergreifen, und sprang im Hui über
einen Zaun, weil er aber gerade auf die Zinken eines
Rechens sprang, der vom Heumachen da liegengeblieben war,
so fuhr ihm der Stiel ins Gesicht und gab ihm einen
ungewaschenen Schlag.
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- "O wei, o wei", schrie der Herr
Schulz, "nimm mich gefangen, ich ergeb mich, ich ergeb
mich!"
-
- Die andern sechs hüpften auch
alle einer über den andern herzu und schrien: "Gibst
du dich, so geb ich mich auch, gibst du dich, so geb ich
mich auch." Endlich, wie kein Feind da war, der sie
binden und fortführen wollte, merkten sie, daß
sie betrogen waren; und damit die Geschichte nicht unter
die Leute käme und sie nicht genarrt und gespottet
würden, verschwören sie sich untereinander, so
lang davon stillzuschweigen, bis einer unverhofft das
Maul auftäte. Hierauf zogen sie weiter. Die zweite
Gefährlichkeit, die sie erlebten, kann aber mit der
ersten nicht verglichen werden. Nach etlichen Tagen trug
sie ihr Weg durch ein Brachfeld, da saß ein Hase in
der Sonne und schlief, streckte die Ohren in die
Höhe und hatte die großen gläsernen Augen
starr aufstehen. Da erschraken sie bei dem Anblick des
grausamen und wilden Tieres insgesamt und hielten Rat,
was zu tun das wenigst gefährliche wäre. Denn
so sie fliehen wollten, war zu besorgen, das Ungeheuer
setzte ihnen nach und verschlänge sie alle mit Haut
und Haar. Also sprachen sie: "Wir müssen einen
großen und gefährlichen Kampf bestehen, frisch
gewagt ist halb gewonnen!" faßten alle siebene den
Spieß an, der Herr Schulz vorn und der Veitli
hinten. Der Herr Schulz wollte den Spieß noch immer
anhalten, der Veitli aber war hinten ganz mutig geworden,
wollte losbrechen und rief:
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- "Stoß zu in aller Schwabe
Name,
sonst wünsch i, daß ihr möcht
erlahme."
-
- Aber der Hans wußt ihn zu
treffen und sprach:
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- "Beim Element, du hascht gut
schwätze,
bischt stets der letscht beim Drachehetze."
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- Der Michal rief:
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- "Es wird nit fehle um ei Haar,
so ischt es wohl der Teufel gar."
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- Drauf kam an den Jergli die Reihe,
der sprach:
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- "Ischt er es nit, so ischt's sei
Muter
oder des Teufels Stiefbruder."
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- Der Marli hatte da einen guten
Gedanken und sagte zum Veitli,
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- "Gang, Veitli, gang, gang du
voran,
i will dahinte vor di stahn."
-
- Der Veitli aber hörte nicht
drauf, und der Jackli sagte:
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- "Der Schulz, der muß der
erschte sei,
denn ihm gebührt die Ehr allei."
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- Da nahm sich der Herr Schulz ein Herz
und sprach gravitätisch:
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- "So zieht denn herzhaft in den
Streit
hieran erkennt man tapfre Leut."
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- Da gingen sie insgesamt auf den
Drachen los. Der Herr Schulz segnete sich und rief Gott
um Beistand an; wie aber das alles nicht helfen wollte
und er dem Feind immer näher kam, schrie er in
großer Angst: "Hau! hurlehau! hau! hauhau!" Davon
erwachte der Has, erschrak und sprang eilig davon. Als
ihn der Herr Schulz so feldflüchtig sah, da rief er
voll Freude:
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- "Potz, Veitli, lueg, lueg, was ischt
das?
Das Ungehüer ischt a Has."
-
- Der Schwabenbund suchte aber weiter
Abenteuer und kam an die Mosel, ein moosiges, stilles und
tiefes Wasser, darüber nicht viel Brücken sind,
sondern man an mehrern Orten sich muß in Schiffen
überfahren lassen. Weil die sieben Schwaben dessen
unberichtet waren, riefen sie einem Mann, der jenseits
des Wassers seine Arbeit vollbrachte, zu, wie man doch
hinüberkommen könnte. Der Mann verstand wegen
der Weite und wegen ihrer Sprache nicht, was sie wollten,
und fragte auf sein Trierisch: "Wat? Wat?" Da meinte der
Herr Schulz, er spräche nicht anders als: "Wate,
wate durchs Wasser", und hub an, weil er der Vorderste
war, sich auf den Weg zu machen und in die Mosel
hineinzugehen. Nicht lang, so versank er in den Schlamm
und in die antreibenden tiefen Wellen, seinen Hut aber
jagte der Wind hinüber an das jenseitige Ufer, und
ein Frosch setzte sich dabei und quakte "wat, wat, wat".
Die sechs andern hörten das drüben und
sprachen: "Unser Gesell, der Herr Schulz, ruft uns, kann
er hinüberwaten, warum wir nicht auch?" Sprangen
darum eilig alle zusammen in das Wasser und ertranken,
also daß ein Frosch ihrer sechse ums Leben brachte
und niemand von dem Schwabenbund wieder nach Haus
kam.
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