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19. Jahrhundert - Frühroamntik - Droste


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Die Judenbuche

Inhaltsangabe - Hintergrund

1 Ein Sittengemälde aus dem gebirgichten Westfalen 

2 Das Dorf B. galt für die hochmütigste, schlauste und kühnste Gemeinde

3 Das zweite Jahr dieser unglücklichen Ehe ward mit einem Sohne...

4 Er war zwölf Jahre alt, als seine Mutter einen Besuch von ihrem....

5 Margreth stand ganz still und ließ die Kinder gewähren.

6 Um diese Zeit wurden die schlummernden Gesetze

7 Um Mittag saß Frau Margreth am Herd und kochte Tee.

8 Die gerichtliche Untersuchung hatte ihren Anfang genommen,

9 Am nächsten Sonntage stand Friedrich sehr früh auf,

10 Es war sieben Uhr abends und alles in vollem Gange;

11 Herr von S. war auf dem Heimwege verstimmt,

12 Die Juden der Umgegend hatten großen Anteil gezeigt.

13 In der Küche befanden sich außer dem Manne eine Frau

14 Herr von S. hatte das innigste Mitleiden mit dem armen Schelm

Die Judenbuche -
Inhaltsangabe
erstellt von Martin Schlu, Juni 2007

Inhaltsangabe des Droste'schen Textes - Hintergrund
1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 - 12 - 13 - 14
 
Abschnitt 1 - Seitenanfang
Das Dorf B. (nach Ansicht der Germanisten ist es der Ort Bellersen, Kreis Höxter) wird näher beschrieben: es liegt abgelegen mitten im Wald, Verkehrsverbindungen sind kaum existent und parallel existiert Grundrecht des Fürsten, dem die Wälder gehören und Gewohnheitsrecht der Bevölkerung, die vom Wald lebt, ohne den Grundherrn groß zu fragen. Holz- und Wilddiebstahl sind normal, werden aber in kleinem Stil nicht verfolgt und Bevölkerung und Grundherr haben sich arrangiert. Dennoch sind die wirtschaftlichen Verhältnisse ärmlich und so lebt das halbe Dorf vom Holzdiebstahl und illegalen Weiterverkauf.
 
Abschnitt 2 - Seitenanfang
In B. gibt es nun durchorganisierte Holzdiebe, die in die eigene Tasche wirtschaften und den vom Gutsherrn eingesetzten zahlreichen Förstern einen regelrechten Kleinkrieg liefern. Es nützt auch nichts, daß es entsprechend mehr Förster gibt, die eine unlösbare Aufgabe haben, wenn sie den Holzdiebstahl verhindern sollen - sie werden eine Art Gegner der Dörfler und Verletzungen auf beiden Seiten werden als normales Berufsrisiko gesehen.
 
Die Umstände der Familie Mergel werden näher beschrieben: Hermann gilt als "ordentlicher Säufer", der sich nur an den Feiertagen bewußtlos säuft und sonst unauffällig ist, jedoch als gewalttätig gilt: so schlägt er, als er wider Erwarten doch eine nette und reiche Frau heiratet, diese bereits in der Hochzeitsnacht, so daß sie schreiend das Haus verläßt und kurz darauf stirbt. Hermann stürzt aus diesem Grunde schnell sozial ab und fängt sich jahrelang nicht mehr. Dennoch gibt es eine zweite Chance für ihn: es ist die selbstbewußte Margreth Semmler, die zwar anfangs die Macken Hermanns ausbügeln kann, jedoch ergeht es ihr langfristig nicht besser: auch sie wird später regelmäßig geschlagen, wenn Hermann - nach heutigem Verständnis ein starker Alkoholiker - im Rausch gewalttätig wird.
 
Abschnitt 3 - Seitenanfang
Friedrich Mergel wird 1738 im zweite Jahr dieser Ehe geboren. Die Mutter Margreth gilt zwar als patente Frau, jedoch freut sie sich nicht gerade über den Nachwuchs - anders als der Vater, der zu seinem Sohn ein gutes Verhältnis hat. Nach dessen Geburt wird die Familie stabiler und es geht auch etwas ordentlicher im Haus Mergel zu - ein paar Jahre ist es eine normale dörfliche Familie
 
Um den 6. Dezember 1747, als Friedrich neun Jahre alt ist, wird der Vater vermißt. In einer stürmischen Nacht wird er später von Onkel und Freund tot im Wald gefunden und nach Hause gebracht. Er ist offensichtlich in betrunkenem Zustand eingeschlafen und dabei erfroren. Nach diesem Ereignis versucht die Mutter Friedrich (Fritz) allein zu erziehen, hat aber auch ihre Probleme, dem Jungen Richtiges und Falsches zu vermitteln. Friedrichs Vater gilt seitdem als Gespenst des Brederholzes (Wald bei Brede) und Friedrich entwickelt sich zum Außenseiter des Dorfes und muß in Zukunft die Kühe hüten
 
Abschnitt 4 - Seitenanfang
Als Friedrich zwölf ist, taucht der Bruder der Mutter nach vierzehn Jahren wieder auf. Simon Semmler hatte zu seiner Schwester den Kontakt nach deren Hochzeit mit Hermann Mergel abgebrochen und erscheint Margeth nun als rettender Engel, obwohl er sehr unsympathisch beschrieben wird, schlecht aussehend, streitlustig, selbstgerecht und vermutlich ein Kleinkrimineller. Als er seiner Schwester anbietet, sich in Zukunft um Friedrich kümmern zu wollen, hat sie kein gutes Gefühl dabei, andererseits würde ihr Sohn im Dorf nichts anderes werden können als Kuhhirte, sozial gesehen die unterste Stufe. Doch als Simon vorgibt, Friedrich als Familienmitglied aufzunehmen, stimmt Margeth daher zu und bittet Simon nur, nicht allzu streng mit Friedrich zu verfahren. Damit ist die Adoption abgeschlossen.
 
Auf dem Rückweg nach Brede, wo Simon herstammt und wohnt, kommen sie an der Stelle im Bredersholz vorbei, an der Simon vor Jahren Friedrichs Vater tot aufgefunden hat: eine große, breite Eiche. Simon macht Friedrich Angst und erklärt ihm sofort danach, er habe den Vater geliebt wie einen Bruder.
 
Spät am nächsten Abend kommt Friedrich wieder zu seiner Mutter zurück und es kommt zur Begegnung mit Johannes, der sehr verängstigt ist. Johannes und Friedrich sehen sich so ähnlich, daß die Mutter ihn erst mit ihrem Sohn verwechselt. Friedrich schenkt Johannes eine einfache Fiedel als Erinnerung - es wird klar, daß die beiden sich kennen.
 
Abschnitt 5 - Seitenanfang
Margreth fragt Friedrich nach Johannes und der erklärt ihr, dieser arbeite für Simon Semmler als Kuhhirte und müsse ab und zu Botschaften übermitteln. Er habe keinen Namen und keinen Vater, daher nenne man ihn Niemand. Später kommt heraus, daß Johannes Niemand bei Simon Semmler kein geregeltes Essen bekommt und der Mutter wird klar, daß dieser Johannes ein unehelicher Sohn Simons sein müsse, weil er ihm so ähnlich sieht. Als sie von Friedrich eine Münze bekommt, die dieser bei Simon verdient hat, wird ihr klar, daß Friedrich für sie beide das Geld verdienen muß. Auch wenn ihr der Bruder jetzt verhaßt ist, wird ihr klar, daß es keine andere Alternative für Friedrich gibt, als dessen Versorgung durch ihren Bruder. Sie ermahnt ihren Sohn aber gottgefällig zu leben und das Gebet nicht zu vergessen. Als Friedrich mit Johannes gegangen ist, versucht sie, die neu gewonnene Erkenntnis zu verdrängen - immerhin hatte sie früher ebenfalls eine Schwester gehabt, die einem reisenden Händler ähnlich sah und die dann gestorben ist.
 
Friedrich kommt nun seltener nach Hause und Simon leitet ihn in handwerklichen Dingen an. Friedrich stellt sich geschickt an und entwickelt körperliche Kräfte und Ausdauer, jedoch versucht er, seine einfache Herkunft durch Mode zu kompensieren und nimmt wieder die Arbeit als Hütejunge an, damit er sich die modisch für ihn wichtigen Dinge leisten kann. Er wird von der Dorfjugend zwar nicht geachtet, aber immerhin respektiert.
 
Abschnitt 6 - Seitenanfang
In der nächsten Zeit nehmen die Holzdiebstähle in großem Maße zu, so daß es selbst den Dörflern zuviel wird, weil ganze Landstriche kahlgeschlagen werden, jedoch kann ausgerechnet das Dorf B. nicht verdächtigt werden, weil die meisten Bewohner in genau der Nacht mit dem schlimmsten Schaden zusammen ein Fest gefeiert haben. Die Förster verstärken die Kontrollen, jedoch nützt es nichts.
 
Im Juli 1756, als Friedrich achtzehn Jahre alt ist, bemerkt er, als er frühmorgens Vieh hütet, laute Geräusche aus dem Wald, denkt sich aber nichts dabei. Als es dämmert, tritt der Förster Brandis mit mehreren anderen Förstern aus dem Wald hervor und verdächtigt Friedrich, mit den Holzdieben zusammenzuarbeiten. Es entsteht eine Streiterei, bei der Brandis Friedrich droht, weil er ihn verdächtigt. Dennoch gelingt es Friedrich Brandis von seiner Unschuld zu überzeugen und er geht den anderen Förstern hinterher, nicht wissend, daß Friedrich ihn in die Richtung der Holzdiebe geschickt hat.
 
Abschnitt 7 - Seitenanfang
Friedrichs Mutter Margreth ist daheim und kocht Tee. Ihr Sohn ist krank heimgekommen und sie kann seine Lage nicht genau einschätzen. Als die Nachbarin Hülsmeyer mit Margreth klatschen will, schickt sie sie wieder fort und Friedrich versucht zu schlafen. Gegen halb zwölf kommt der Gerichtsschreiber Kapp vorbei und erzählt, die Blaukittel hätten wieder in großem Umgang Holz gestohlen und ergänzt, man habe den Förster Brandis vor einer Viertelstunde erschlagen ins Dorf gebracht. Als die Todesnachricht ausgesprochen ist, stöhnt Friedrich in seiner Kammer, die Mutter sieht nach ihm und er meint, es seien Koliken, ein Arzt könne ihm nicht helfen.
 
Der Amtsschreiber erkundigt sich, wo Friedrich um vier Uhr früh gewesen sei und der Mutter wird klar, daß man ihn des Mordes verdächtigt. Als sie ihn fragen will sagt er, er könne nicht mehr und müsse schlafen. In diesem Augenblick tritt Johannes Niemand in den Raum und stottert, Friedrich solle zu seinem Onkel kommen, zunächst lehnt dieser ab, er sei krank und auch Margreth bestätigt dies, doch Friedrich zieht sich danach an und geht mit Johannes mit. Margreth ist über sein Verhalten enttäuscht und kann nicht ausschließen, daß er etwas mit Brandis' Tod zu tun haben könnte.
 
 
Abschnitt 8 - Seitenanfang
Die gerichtliche Untersuchung ergibt keine neuen Erkenntnisse und da der Gutsherr nicht anwesend ist, nimmt der Gerichtsschreiber die Untersuchung vor und verhört alle Beteiligten. Die acht Förster sagen übereinstimmend aus, daß man gegen zehn Uhr abends informiert worden sei, weil Brandis einen Hinweis auf die Blaukittel erhalten habe. Gegen zwei Uhr früh habe man geschlagenes Holz entdeckt, gegen vier Uhr Geräusche gehört und sei ihnen nachgegangen, habe aber auf den Oberförster gewartet. Als es stille geworden sei, habe man entdeckt, daß erheblich viel Holz verschwunden war, man habe sich nicht erklären können, wie es abtransportiert worden sei, habe sich umgesehen und dann zunächst die Gürtelschnalle von Brandis gefunden, danach ihn selbst, die Flinte in der Hand und den Schädel von einer Axt gespalten.
 
Die Vernehmung der Bauern bringt keine neuen Ergebnisse, da alle behaupten, gegen vier Zuhause gewesen zu sein und man kann ihnen nichts nachweisen. Außerdem sind alle angesehene Leute mit gutem Ruf. Als Friedrich verhört wird, erzählt er wahrheitsgemäß, bis auf die Tatsache, daß er es war, der Brandis zu den Blaukitteln geschickt hat, so daß das Gericht ihm keine Schuld an dessen Tod nachweisen kann. Für den Todeszeitpunkt hat er ein Alibi. Selbst als Friedrich die Axt gezeigt wird, mit der Brandis erschlagen wurde, bleibt er dabei, die Tat nicht begangen zu haben, so daß die Verhandlung beendet werden muß, weil man keinen Verdächtigen hat.
 
Nachdem dieser Mord auch später nicht aufgeklärt werden kann, hört man nie wieder etwas von den Blaukitteln und es wächst Gras über diese Angelegenheit
  
 
Abschnitt 9 - Seitenanfang
 
Am nächsten Sonntage steht Friedrich sehr früh auf, da er am Festtag Maria Himmelfahrt beichten möchte. Als er im Dunkeln in der Küche sein Gebetbuch sucht, trifft er seinen Onkel Simon, der ihm rät "wie wie ein guter Christ" zu beichten, also keinen Beschuldigten zu nennen, denn er habe ihn in der Morduntersuchung wohl belogen. Friedrich hat ein schlechtes gewissen, weil er Brandis zu den Blaukitteln geschickt hat, aber er ist nicht sicher, ob nicht Simon diesen erschlagen hat und geht darum nicht zur Beichte.
 
Friedrich verändert sich nach diesem Vorfall: er wird leichtsinnig, jähzornig und achtet immer mehr auf Äußerlichkeiten, weil er innerlich so unsicher ist. Während es Zuhause finanziell immer enger wird, gibt Friedrich sein gesamtes Geld für Statussymbole aus. Nach einigen Jahren geht seine Mutter nicht vor die Tür, während Friedrich immer oberflächlicher und protziger wird. Gleichzeitig isoliert er sich durch sein angeberisches Verhalten vom Großteil der Dorfjugend, der Einzige, der ihm zu widersprechen wagt, ist Wilm Hülsmeyer und vor diesem hat Friedrich als Einzigem Respekt.
 
Im Herbst 1760 (Friedrich ist Knapp 22 Jahre alt) gibt es im Dorf eine größere Hochzeit, die wirtschaftliche Lage ist gut und es ist zu erwarten, daß das gesamte Dorf ausgiebig feiern wird und da auswärtige Gäste erwartet werden, will man zeigen, was man hat.
 
Abschnitt 10 - Seitenanfang - Hintergrund
 
Am Abend dieses Tages, als die Stimmung im Dorf kurz vor dem Höhepunkt ist, gefällt sich Friedrich in seiner Rolle als gutgekleideter Schönling und spielt in der Dorfkapelle den Kontrabaß (dafür braucht man damals offensichtlich kaum Vorkenntnisse). Als Johannes vom gerade beendeten Tanz bei ihm vorbeikommt, befiehlt ihm Friedrich seinen Platz einzunehmen, weil er selber tanzen möchte. Friedrich tanzt so, daß er Aufsehen erregt und sogar die Herrschaft (der Gutsherr mit Familie) auf ihn aufmerksam wird. Als er noch einen Toast auf die Herrschaft ausbringt, wird er zum Mittelpunkt des Festes.
 
In diesem Augenblick wird Johannes von aufgeregten Küchenhelfern vorgeführt, weil er - wegen der Armut Zuhause - ein halbes Pfund Butter gestohlen und in die Tasche gesteckt hat, das ihm, weil er neben dem Feuer stand, nun schmilzt und seinen Diebstahl verrät. Friedrich gibt Johannes vor allen Leuten mehrere Ohrfeigen und schickt ihn umgehend nach Hause. Seine gute Stimmung ist verflogen, darum zeigt er seine neue Taschenuhr demonstrativ um wieder Anerkennung zu bekommen. Sofort fragt Wilm Hülsmeyer, ob sie auch bezahlt sei, sonst müsse er damit rechnen, daß der Jude Aaron, der damit handele, sie ihm wieder wegnehmen werde. Friedrich ignoriert diesen Einwand aber, zumal gerade die Braut und der Bräutigam vorgestellt werden und sich das Interesse daher wieder anderen Dingen zuwendet, doch wenige Augenblicke später passiert das, was Wilm Hülsmeyer prophezeit hat: Der Jude Aaron mahnt vor dem versammelten Volk Friedrich an die Bezahlung der ausstehenden zehn Taler, brandmarkt ihn damit als Aufschneider und macht ihn damit gesellschaftlich unmöglich.
 
 
Abschnitt 11 - Seitenanfang - Hintergrund
Der Gutsherr ist schlecht gelaunt, weil er das Gefühl hat, solche Feste besuchen zu müssen, obwohl er sie eigentlich haßt. Ein Teil seines Personals ist auch auf dem Fest gewesen, entsprechend betrunken und zwei Knechte behaupten, auf ihrem Heimweg durch das Brederholz sei ihnen der Geist des alten Mergel erschienen. Am nächstern Tag stellt er fest, daß der Brunnen nichts funktioniert, weil jemand im Rohrsystem gegraben hat um einen Pferdeknochen gegen Hexenzauber zu suchen.
 
Drei Tage später tobt ein Gewittersturm und der Gutsherr versammelt seine Familie und das Personal um Gebete gegen Unglück zu sprechen. Mitten in dieses Gebet stürmt die Ehefrau des Juden Aaron und ruft, sie haben ihren Mann gerade erschlagen gefunden, bevor sie ohnmächtig zusammenbricht.
 
Die anberaumte Untersuchung zeigt, daß Aaron durch einen Schalg auf den Kopf ums Leben gekommen ist, der wohl mit einem stumpfen Instrument ausgeführt wurde. Es zeigt sich, daß Aaron vor drei Tagen losgezogen ist um unbezahlte Rechnungen einzutreiben, doch als er nicht wieder zuhause eintraf, ging seine Frau in Begleitung des Knechtes ihn suchen, beide seien im Brederholz von dem Gewitter überrascht worde, hätten sich verlaufen, unter einer Buche Schutz gesucht, bei einem Blitzschlag etwas Weißes leuchten gesehen und dann, beim Näherkommen, habe sie den Stab ihres Mannes gefunden. Darauf habe der Hund den Schuh gebracht und danach habe sie die Leiche ihres Mannes entdeckt. Nun fordert sie alttestamentarische Gerechtigkeit: "Aug um Auge, Zahn um Zahn!"
 
Sofort werden die Dorfschützen (eine Art Zivilpolizei) losgeschickt um Friedrich zu verhaften, da die Erinnerung an die Wirtshausszene noch frisch ist und die Aussage der Knechte zum Spuk im Brederholz nun in einem neuen Licht steht. Da der Amtsschreiber gerade abwesend ist, nimmt der Gutsherr seine Amtspflicht als Richter wahr, läßt das Elternhaus Friedrichs umstellen und klopft an. Die Durchsuchung des Hauses bringt keine Ergebnisse, außer daß das bett noch warm ist, vermutlich ist Friedrich durch den Garten entflohen, er ist und bleibt verschwunden. Ein Koffer, der Friedrich gehört, enthält zwei Leichenhemden für eine Frau und einen Mann, die silberne Uhr und Schriftstücke von einem Mann unterzeichnet, den man mit den Blaukitteln in Verbindung bringt. Diese Beweisstücke nimmt der Gutsherr an sich.
 
Im Schloß trifft der Gutsherr den Amtsschreiber, der ihm aber keine große Hilfe ist und dem Gutsherren wird klar, daß Friedrich wohl entkommen wird, weil die Polizei unfähig ist, doch er ist halbwegs versöhnt, als der Amtsschreiber erklärt, daß er selbst um ein Haar auf dem Weg umgekommen sei, weil die Kutsche fast über eine Klippe gefallen wäre. Während er dem Amtsschreiber zuhört, liest er die Mahnbriefe von Geldverleihern aus dem Koffer und ihm wird klar, daß die Mergels hoch verschuldet sind.
 
Die gerichtliche Untersuchung bringt keine neuen Erkenntnisse und das Verfahren muß daher auf Eis gelegt werden, weil man den Verdächtigen und dessen Geständnis nicht hat.
 
Abschnitt 12 - Seitenanfang - Hintergrund
Die Juden der Umgegend zeigen Anteil, stehen der Witwe bei, sammeln Geld für die Ergreifung de Mörders, doch als die Untersuchung abgeschlossen ist, kommt eine Delegation zum Gutsherrn und möchte die Buche kaufen, damit sie nicht gefällt wird. Nachdem der Handel ab geschlossen ist, schneiden sie hebräische Schriftzeichen in die Rinde, die allerdings kein Christ lesen kann. Friedrich gilt im Lauf der Jahre als verschollen, die Witwe Aarons heiratet erneut, nur Margreth bleibt "ungetröstet".
 
Ein halbes Jahr später fällt dem Gutsherrn ein Gerichtsprotokoll in die Hände, nach dem ein - mittlerweile durch Selbstmord gestorbener - Häftling aus der Gegend den Mord an einem Juden Aaron gebeichtet habe, doch man kann nicht klären, ob es sich um den gleichen Mann handelt. Der Gutsherr geht davon aus, daß Friedrich auch so Schuld genug auf sich geladen habe. Nun erfährt der Leser auch, daß Johannes Niemand am gleichen Tage wie Friedrich verschwunden ist.
Nach achtundzwanzig Jahren, an Heiligabend 1788, schleppt sich ein kranker und geschwächter Wanderer durch den Schnee und während die Christnacht eingeläutet wird, betet er vor der Kirche, bittet bei einem Haus als ein aus der Türkei entlassener Sklave um Einlaß und wird dort aufgenommen.
 
Abschnitt 13 - Seitenanfang - Hintergrund
Der gerade Angekommene wird von der Familie ausgiebig angesehen und es fällt auf, daß der Hals schief ist, der Rücken gekrümmt, die Haare weiß und seine ganze Erscheinung wirkt kraftlos und krank. Dennoch wird er erkannt, es ist Johannes Niemand, der vor achtundzwanzig Jahren mit Friedrich Mergel aus dem Dorf entflohen ist. Jüngere Dorfbewohner haben keine Erinnerung an ihn, aber die Älteren erkennen ihn übereinstimmend. Nach Friedrich befragt, sagt Johannes, man habe sich schon vor langer Zeit getrennt und er wisse nicht, wo sich dieser aufhalte. Dabei erfährt Johannes auch, daß der Jude wohl nicht von Friedrich erschlagen worden sei und äußert dabei, dann sei wohl "alles umsonst" gewesen. Die Eltern Friedrichs, Simon Semmler und Margreth, sind schon vor Jahren völlig verarmt gestorben.
 
Am Abend, findet der Sohn des damals ermordeten Försters, Brandis, Johannes auf dem Friedhof und holt ihn ins Schloß ab, damit er berichte, wie es ihm ergangen sei. Im Schloß ist der alte Gutsherr noch derselbe wie vor achtundzwanzig Jahren, auch dessen Frau lebt noch und man bittet Johannes zu erzählen, was ihm in der Türkei geschehen ist. Danach sei Johannes mit Friedrich fortgelaufen, weil der gesagt habe, man müsse fliehen, sei dann bis Freiburg im Breisgau gekommen, dort von den Österreichern für den Krieg gegen die Türken angeworben worden (Ungarnkrieg 1761), im Herbst 1761 in türkische Kriegsgefangenschaft geraten und sechsundzwanzig Jahre dort geblieben. Danach sei er im Bosporus von einem holländischen schiff aufgelesen und endlich in Amsterdam freigelassen worden und von dort nach B. gelaufen, weil er "auf einem katholischen Kirchhofe liegen" wolle, nachdem er so lange bei den Türken habe leben müssen. Der Gutsherr gibt ihm ein bißchen Geld und bittet ihn morgen wiederzukommen.
 
 
Abschnitt 14 - Seitenanfang - Hintergrund
Der Gutsherr möchte etwas für Johannes tun und bringt ihn im Dorf unter, Johannes übernimmt dafür Botengänge und schnitzt Löffel aus Holz, gilt aber - wie früher auch - als einfältig und erzählt oft über seine Erlebnisse in der Türkei. Nach einiger Zeit bleibt er lange aus und sagt, er habe nicht durch das Brederholz laufen wollen, weil er fürchtete, sich dort zu verlaufen - man hält ihn nun etwas wunderlich.
 
Im September kommt Johannes wieder nicht nach Hause, diesmal vergehen einige Tage, bis man ihn suchen läßt, denn er könnte sich ja ein Bein gebrochen haben, aber man findet ihn nicht. Befragte Kinder erklären, Johannes habe sich immer wieder im Brederholz herumgetrieben. Sein Bett ist Zuhause ungemacht und als der Gutsherr dessen Sachen durchsucht, findet er vier silberne Westenknöpfe, die, so erinnert er sich, Friedrich Mergel gehört haben. Die Suche wird abgebrochen und man glaubt, wenn überhaupt, wird man nur noch Johannes' Leiche finden.
 
Vierzehn Tage später findet der junge Brandis, der Sohn des damals erschlagenen Försters, die Leiche an der Buche im Brederholz hängen, an der damals der Mord an Aaron geschehen ist. Der Körper stinkt schon und ist stark verwest, denn es ist länger heiß gewesen. Als Brandis dem Gutsherrn davon berichtet, kommt dieser sofort mit, man nimmt die Leiche ab und an einer Halsnarbe erkennt der Gutsherr, daß der Tote nicht Johannes ist, sondern Friedrich Mergel. Daher wird die Leiche auf dem "Schindanger", dem außerhalb des Dorfes liegenden Friedhof für Selbstmörder und Ungläubige "verscharrt", also ohne geisltlichen Beistand begraben.
 
Die hebräische Schrift an dem Baume heißt:
»Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast.«
 
 
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Anmerkung:
Gewiefte Leser fragen sich natürlich, woran der jüngere Brandis so zielsicher an einer Narbe erkennen kann, daß es sich bei dem Toten nicht um Johannes Niemand, sondern um Friedrich Mergel handeln soll, zumal der ja vor achtundzwanzig Jahren ohne erkennbare Gebrechen aus dem Dorf floh und - nach seiner Darstellung - den schiefen Hals und die Narbe in der Sklaverei erlitt.
 
Preisfrage:
Hat die Droste beim Schreiben geschlabbert? Hat irgendein Zeitungsredakteur die Schlüsselstelle nicht gebracht? Kann irgendjemand diesen Widerspruch aufklären? Für eine Antwort wäre ich dankbar - auch im Sinne unzähliger Schüler, die immer wieder diese Frage stellen.
 
MS
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Korrektur von Alfred Kessler, Darmstadt, Januar 2011
"Es ist nicht der junge Brandis, der Friedrich an seiner Narbe erkennt, sondern der alte Gutsherr. Und Friedrich/alias Johannes erklärt nur seinen schiefen Hals, nicht eine Narbe mit der Sklavenarbeit. Ihre Preisfrage bleibt - woher kennt der Gutsherr diese Narbe, von der in der Erzählung an keiner Stelle die Rede war. Ein 'deus ex machina' - ein kleiner, sicherlich 'unerlaubter' Trick in einer Kriminalgeschichte".