Übersicht
Heine
Werkübersicht
Die
schlesischen Weber
Das
Sklavenschiff
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Heinrich
Heine:
Das Sklavenschiff (1854/1855)
erstellt
von Martin Schlu © 2005
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- Hintergrund
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- -
2.
Teil
Erste
Version (ca. 1854)
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Zweite
Version (ca. 1855)
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I.
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I.
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Der
Großkaufmann, der Herr van
Koek
Sitzt rechnend in seiner
Kajüte;
Da wägt er ab der Ladung
Betrag
Und seine großen
Profite.
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Der
Superkargo Mynheer van Koek
Sitzt rechnend in seiner
Kajüte;
Er kalkuliert der Ladung Betrag
Und die probablen
Profite.
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Der
Gummi ist gut, der Pfeffer ist gut,
Dreihundert Säcke und
Fässer;
Ich habe Goldstaub und Elfenbein -
Die schwarze Ware ist
besser.
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Sechshundert
Neger tauschte ich ein
Spottwohlfeil am Senegalflusse.
das Fleisch ist hart, die Sehnen sind
stark,
Wie Eisen vom besten Gusse.
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Ich
habe zum Tausche Branntewein,
Glasperlen und Stahlzeug gegeben;
Gewinne daran achthundert Prozent,
Bleibt mir die Hälfte am
Leben.
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Bleiben
mir Nigger dreihundert nur
Im Hafen von Rio-Janeiro,
Zahlt mir dort hundert Dukaten per
Stück,
Der Kaufmann Gonzales
Perreiro"
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Bleiben
mir Neger dreihundert nur
Im Hafen von Rio-Janeiro,
Zahlt dort mir hundert Dukaten per
Stück
Das Haus Gonzales
Perreiro."
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Da
plötzlich wird der Herr van
Koek
Aus seinen Gedanken gerissen;
der Schiffschirurgius tritt herein,
Der Doktor van der Smissen.
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Das ist
eine klapperdünne Figur,
Die Nase voll roter Warzen -
Nun, Wasserfeldscherer", ruft van
Koek
Wie geht's meinen lieben
Schwarzen?"
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Das ist
eine klapperdürre
Figur,
Die Nase voll roter Warzen -
Nun, Wasserfeldscherer", ruft van
Koek,
Wie geht's meinen lieben
Schwarzen?"
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Der
Doktor dankt der Nachfrage,
spricht:
Ich bin zu melden gekommen,
Daß heute nacht die
Sterblichkeit
bedeutend zugenommen.
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Der
Doktor dankt der Nachfrage und
spricht:
Ich bin zu melden gekommen,
Daß heute nacht die
Sterblichkeit
Bedeutend zugenommen.
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Im
Durchschnitt starben täglich
zwei,
Doch heute starben sieben,
Vier Männer drei Frauen - ich hab
den Verlust
Sogleich in die Kladde
geschrieben.
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Im
Durchschnitt starben täglich
zwei,
Doch heute starben sieben,
Vier Männer, drei Frauen -
Ich hab den Verlust
Sogleich in die Kladde
geschrieben.
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Ich
inspizierte die Leichen genau;
Denn diese Schelme stellen
Sich manchmal tot, damit man sie
Hinabwirft in die Wellen.
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Ich
inspizierte die Leichen genau;
Denn diese Schelme stellen
Sich manchmal tot, damit man sie
Hinabwirft in die Wellen.
|
Ich
nahm den Toten die Eisen ab;
Und wie ich gewöhnlich tue,
ich ließ die Leichen werfen ins
Meer
des Morgens in der
frühe.
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Ich
nahm den Toten die Eisen ab;
Und wie ich gewöhnlich tue,
Ich ließ die Leichen werfen ins
Meer
Des Morgens in der
Fruhe.
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Es
schossen alsbald hervor aus der
Flut
Haifische, ganze Heere,
Sie lieben so sehr das
Negerfleisch;
Als ob es aus Zucker
wäre.
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Es
schossen alsbald hervor aus der
Flut
Haifische, ganze Heere,
Sie lieben so sehr das
Negerfleisch;
Das sind meine
Pensionäre
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Sie
folgten unseres Schiffes Spur,
seit wir verlassen die Küste;
Die Bestien wittern den
Leichengeruch
Mit schnupperndem
Fraßgelüste.
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Es ist
possierlich anzusehen,
Wie sie nach den Toten schnappen!
Die faßt den Kopf, der faßt
das Bein,
Die andern schlucken die
Lappen.
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Ist
alles verschlungen, dann tummeln sie
sich
Vergnügt um des Schiffes
Planken
Und glotzen mich an, als wollten
sie
Sich für das Frühstück
bedanken."
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Doch
seufzend fällt ihm in die Red
Van Koek:"Wie kann ich lindern
Das Übel? Wie kann ich die
große
Sterblichkeit nur
verhindern?"
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Doch
seufzend fällt ihm in die Red'
Van Koek: Wie kann ich
lindern
Das Übel? wie kann ich die
Progression
Der Sterblichkeit
verhindern?
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Der
Doktor erwidert: Durch eigne
Schuld
Sind viele Schwarze gestorben;
Ihr schlechter Atem hat die Luft
Im Schiffsraum so sehr
verdorben.
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Der
Doktor erwidert: Durch eigne
Schuld
Sind viele Schwarze gestorben;
Ihr schlechter Odem hat die
Luft
Im Schiffsraum so sehr
verdorben.
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Auch
starben viele durch Traurigkeit,
Dieweil sie sich tödlich
langweilen;
Durch etwas Luft, Musik und Tanz
Läßt sich die Krankheit
heilen."
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Auch
starben viele durch
Melancholie,
Dieweil sie sich tödlich
langweilen;
Durch etwas Luft, Musik und Tanz
Läßt sich die Krankheit
heilen."
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Da ruft
van Koek: "Ein guter Rat!
Musik! Sie sollen tanzen!
Und wer sich beim Hopsen nicht
amüsiert,
Auf dem soll die Peitsche tanzen."
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Da ruft
van Koek: Ein guter Rat!
Mein teurer Wasserfeldscherer
Ist klug wie Aristoteles,
Des Alexanders Lehrer.
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Der
Präsident der Sozietät
Der Tulpenveredlung im Delfte
Ist sehr gescheit, doch hat er
nicht
Von Eurem Verstande die
Hälfte.
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Musik!
Musik! Die Schwarzen soll'n
Hier auf dem Verdecke tanzen.
Und wer sich beim Hopsen nicht
amüsiert,
Den soll die Peitsche
kuranzen."
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- 1.
Teil -
Hintergrund
- Seitenanfang
II.
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Hoch
aus dem blauen Himmelszelt
Viel tausend Sterne schauen,
Sehnsüchtig glänzend,
groß und klug,
Wie Augen von schönen
Frauen.
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Hier gibt es
keine zweite Version
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Sie
blicken hinunter in das Meer,
Das weithin überzogen
Mit phosphorstrahlendem Purpurduft;
Wollüstig girren die Wogen.
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Kein
Segel flattert am Sklavenschiff,
Es liegt wie abgetakelt;
Doch schimmern Laternen auf dem
Verdeck
Wo Tanzmusik spektakelt.
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Die
Fiedel streicht der Steuermann,
Der Koch, der spielt die
Flöte,
Ein Schiffsjung schlägt die
Trommel dazu,
Der Doktor bläst die
Trompete.
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- eingeschoben:
-
- Wohl hundert
Neger, Männer und
Fraun,
- Sie jauchzen
und hopsen und kreisen
|
Sie
stampfen den Boden mit tobender
Lust,
Und manche schwarze Schöne
Umschlingt wie im Fieber den tanzenden
Freund
Dazwischen ächzende
Töne.
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- Wie toll
herum; bei jedem Sprung
- Taktmäßig
klirren die Eisen.
-
Sie stampfen
den Boden mit tobender Lust,
Und manche schwarze Schöne
Umschlinge wollüstig den
nackten Genoß -
Dazwischen ächzende
Töne.
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Der
Herr van Koek, der leitet den Tanz,
Und hat mit Peitschenhieben
Die lässigen Tänzer
aufgescheucht,
Zum Frohsinn angetrieben.
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Der
Büttel ist Maître des
plaisirs,
Und hat mit Peitschenhieben
Die lässigen Tänzer
stimuliert,
Zum Frohsinn angetrieben.
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Und
Dideldumdel und Schnedderedeng!
Der Lärm lockt aus den Tiefen
Die Ungetüme der Wasserwelt,
Die dort blödsinnig
schliefen.
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Schlaftrunken
kommen geschwommen heran
Haifische, viele hundert;
Sie glotzen nach dem Schiff hinauf,
Sie sind verdutzt,
verwundert.
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Sie
merken, daß die
Frühstücksstund
Noch nicht gekommen, und
gähnen,
Aufsperrend den Rachen; die Kiefer
sind
Bepflanzt mit
Sägezähnen.
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Ich
glaube, sie lieben nicht die Musik,
Wie viele von ihrem Gelichter.
Trau keiner Bestie, die nicht
liebt
Musik!" sagt Albions großer
Dichter.
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Und
Schnedderedeng und Dideldumdei -
Die Tänze nehmen kein Ende.
Am Fockmast steht der Herr van Koek
Und faltet betend die
Hände:
|
Und
Schnedderedeng und Dideldumdei -
Die Tänze nehmen kein Ende.
Am Fockmast steht Mynheer van
Koek
Und faltet betend die
Hände:
|
"Um
Christi willen verschone, o Herr,
Das Leben der schwarzen
Sünder!
Erzürnten sie dich, so weißt
du ja,
Sie sind so dumm wie die
Rinder.
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|
Verschone
ihr Leben um Christi will'n,
Der für uns alle gestorben!
Denn bleiben mir nicht dreihundert
Stück,
So ist mein Geschäft verdorben."
|
Verschone
ihr Leben um Christi will'n,
Der für uns alle gestorben!
Denn bleiben mir nicht dreihundert
Stück,
So ist mein Geschäft
verdorben.«
|
- Hintergrund
-
Seitenanfang
- 1.
Teil -
2.
Teil
- 1619
kam es zum ersten Transport afrikanischer
Menschen nach Virginia, die dort als Sklaven
verkauft wurden. 1661 gab es die ersten Gesetze
zur Sklavenhaltung, 1688 immerhin schon die
ersten Proteste durch die christlichen
Quäker. 1711 versuchten die Quäker in
Pennsylvania die Sklaverei abzuschaffen, jedoch
setzte die englische Krone rigorose Gesetze
gegen die Sklaven durch, bestätigte das
absolute Besitzrecht ihrer weißen Herren
über sie, sprach ihnen das Recht auf eine
menschliche Seele ab und verbot jegliche Bildung
für Schwarze. Noch bis ca. 1850 war es bei
Strafe verboten ihnen Lesen und Schreiben
beizubringen, auch wenn 1808 die Einfuhr"
weitere Sklaven aus Afrika verboten
wurde.
-
- 1852
veröffentlichte Harriet Beecher-Stowe das
Buch Onkel Toms Hütte". Sie wurde
massiv angefeindet, konnte jedoch belegen,
daß sie ausschließlich authentisches
Material verwendet hatte. Ihr Buch hat
maßgeblich zur Entstehung des
amerikanischen Bürgerkriegs beigetragen und
von Lincoln ist das Zitat überliefert
...Sie sind also die kleine Frau, die das
Buch geschrieben hat, das unseren großen
Krieg entfessselte?" Lincoln wurde kurz nach dem
Bürgerkrieg von einem ehemaligen
Sklavenhändler erschossen, der sich an ihm
für den Entzug seiner
Geschäftsgrundlage rächen
wollte.
-
- Heinrich
Heine bekam das Buch von Beecher-Stowe in die
Hände und wurde dadurch zu diesem Gedicht
inspiriert.
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