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Kulturgeschichte - Klassik


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Inhaltsangabe

 

Friedrich von Schiller
Kabale und Liebe

 
zurück - SchillerErster Akt, Fünfter Auftritt - weiter
Saal beim Präsidenten.
 
Der Präsident, ein Ordenskreuz um den Hals, einen Stern an der Seite, und Secretär Wurm treten auf.
 
Präsident
Ein ernsthaftes Attachement! Mein Sohn? - Nein, Wurm, das macht Er mich nimmermehr glauben.
 
Wurm
Ihro Excellenz haben die Gnade, mir den Beweis zu befehlen.
 
Präsident
Daß er der Bürgercanaille den Hof macht - Flatterieen sagt - auch meinetwegen Empfindungen vorplaudert - das sind lauter Sachen, die ich möglich finde - verzeihlich finde - aber - und noch gar die Tochter eines Musikus, sagt Er?
 
Wurm
Musikmeister Millers Tochter.
 
Präsident
Hübsch - Zwar das versteht sich.
 
Wurm
lebhaft
Das schönste Exemplar einer Blondine, die, nicht zu viel gesagt, neben den ersten Schönheiten des Hofes noch Figur machen würde.
 
Präsident
lacht
Er sagt mir, Wurm - Er habe ein Aug auf das Ding - das find' ich. Aber sieht Er, mein lieber Wurm - daß mein Sohn Gefühl für das Frauenzimmer hat, macht mir Hoffnung, daß ihn die Damen nicht hassen werden. Er kann bei Hof etwas durchsetzen. Das Mädchen ist schön, sagt Er; das gefällt mir an meinem Sohn, daß er Geschmack hat. Spiegelt er der Närrin solide Absichten vor? Noch besser - so seh' ich, daß er Witz genug hat, in seinen Beutel zu lügen. Er kann Präsident werden. Setzt er es noch dazu durch? Herrlich! das zeigt mir an, daß er Glück hat. - Schließt sich die Farce mit einem gesunden Enkel - unvergleichlich! so trink' ich auf die guten Aspecten meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr und bezahle die Scortationsstrafe für seine Dirne.
 
Wurm
Alles, was ich wünsche, Ihr' Excellenz, ist, daß Sie nicht nöthig haben möchten, diese Bouteille zu Ihrer Zerstreuung zu trinken.
 
Präsident
ernsthaft
Wurm, besinn' Er sich, daß ich, wenn ich einmal glaube, hartnäckig glaube; rase, wenn ich zürne - Ich will einen Spaß daraus machen, daß Er mich aufhetzen wollte. Daß Er sich seinen Nebenbuhler gern vom Hals geschafft hätte, glaub' ich Ihm herzlich gern. Da Er meinen Sohn bei dem Mädchen auszustechen Mühe haben möchte, soll Ihm der Vater zur Fliegenklatsche dienen, das find' ich wieder begreiflich - und daß er einen so herrlichen Ansatz zum Schelmen hat, entzückt mich sogar - Nur, mein lieber Wurm, muß Er mich nicht mit prellen wollen. - Nur, versteht Er mich, muß Er den Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundsätze treiben.
 
Wurm
Ihro Excellenz verzeihen. Wenn auch wirklich - wie Sie argwohnen - die Eifersucht hier im Spiel sein sollte, so wäre sie es wenigstens nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.
 
Präsident
Und ich dächte, sie bliebe ganz weg. Dummer Teufel, was verschlägt es denn Ihm, ob Er die Karolin frisch aus der Münze oder vom Bankier bekommt. Tröst' Er sich mit dem hiesigen Adel - wissentlich oder nicht - bei uns wird selten eine Mariage geschlossen, wo nicht wenigstens ein halb Dutzend der Gäste - oder der Aufwärter - das Paradies des Bräutigams geometrisch ermessen kann.
 
Wurm
verbeugt sich
Ich mache hier gern den Bürgersmann, gnädiger Herr.
 
Präsident
Überdies kann Er mit Nächstem die Freude haben, seinem Nebenbuhler den Spott auf die schönste Art heimzugeben. Eben jetzt liegt der Anschlag im Kabinet, daß, auf die Ankunft der neuen Herzogin, Lady Milford zum Schein den Abschied erhalten und, den Betrug vollkommen zu machen, eine Verbindung eingehen soll. Er weiß, Wurm, wie sehr sich mein Ansehen auf den Einfluß der Lady stützt - wie überhaupt meine mächtigsten Springfedern in die Wallungen des Fürsten hineinspielen. Der Herzog sucht eine Partie für die Milford. Ein Anderer kann sich melden - den Kauf schließen, mit der Dame das Vertrauen des Fürsten anreißen, sich ihm unentbehrlich machen - Damit nun der Fürst im Netz meiner Familie bleibe, soll mein Ferdinand die Milford heirathen - Ist Ihm das helle?
 
Wurm
Daß mich die Augen beißen - - Wenigstens bewies der Präsident hier, daß der Vater nur ein Anfänger gegen ihn ist. Wenn der Major Ihnen eben so den gehorsamen Sohn zeigt, als Sie ihm den zärtlichen Vater, so dürfte Ihre Anforderung mit Protest zurückkommen.
 
Präsident
Zum Glück war mir noch nie für die Ausführung eines Entwurfes bang, wo ich mich mit einem: es soll so sein! einstellen konnte. - Aber seh' Er nun, Wurm, das hat uns wieder auf den vorigen Punkt geleitet. Ich kündige meinem Sohn noch diesen Vormittag seine Vermählung an. Das Gesicht, das er mir zeigen wird, soll Seinen Argwohn entweder rechtfertigen oder ganz widerlegen.
 
Wurm
Gnädiger Herr, ich bitte sehr um Vergebung. Das finstre Gesicht, das er Ihnen ganz zuverlässig zeigt, läßt sich eben so gut auf die Rechnung der Braut schreiben, die Sie ihm zuführen, als derjenigen, die Sie ihm nehmen. Ich ersuche Sie um eine schärfere Probe. Wählen Sie ihm die untadelichste Partie im Lande, und sagt er. Ja, so lassen Sie den Secretär Wurm drei Jahre Kugeln schleifen.
 
Präsident
heißt die Lippen
Teufel!
 
Wurm
Es ist nicht anders! Die Mutter - die Dummheit selbst - hat mir in der Einfalt zu viel geplaudert.
 
Präsident
geht auf und nieder, preßt seinen Zorn zurück
Gut! Diesen Morgen noch.
 
Wurm
Nur vergessen Ew. Excellenz nicht, daß der Major - der Sohn meines Herrn ist!
 
Präsident
Er soll geschont werden, Wurm.
 
Wurm
Und daß der Dienst, Ihnen von einer unwillkommenen Schwiegertochter zu helfen -
 
Präsident
Den Gegendienst werth ist, Ihm zu einer Frau zu helfen? - Auch das, Wurm!
 
Wurm
bückt sich vergnügt
Ewig der Ihrige, gnädiger Herr!
Er will gehen
 
Präsident
Was ich Ihm vorhin vertraut habe, Wurm!
Drohend
Wenn Er plaudert -
 
Wurm
lacht
So zeigen Ihr' Excellenz meine falschen Handschriften auf.
er geht ab
 
Präsident
Zwar bist du mir gewiß! Ich halte dich an deiner eigenen Schurkerei, wie den Schröter am Faden.
 
Ein Kammerdiener
tritt herein
Hofmarschall von Kalb -
 
Präsident
Kommt wie gerufen. - Er soll mir angenehm sein.
Kammerdiener geht
Schiller
 
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