Aquis submersus
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- Theodor
Storm
Aquis submersus (Novelle, 1876) - Vorrede und Übergang
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-
- (Reclam, S.3)
In unserem zu dem früher herzoglichen Schlosse
gehörigen, seit Menschengedenken aber ganz
vernachlässigten "Schloßgarten" waren schon in
meiner Knabenzeit die einst im altfranzösischen
Stile angelegten Hagebuchenhecken zu dünnen,
gespenstischen Alleen ausgewachsen; da sie indessen
immerhin noch einige Blätter tragen, so wissen wir
Hiesigen, durch Laub der Bäume nicht verwöhnt,
sie gleichwohl auch in dieser Form zu schätzen; und
zumal von uns nachdenklichen Leuten wird immer der eine
oder andre dort zu treffen sein. Wir pflegen dann unter
dem dürftigen Schatten nach dem sogenannten "Berg"
zu wandern, einer kleinen Anhöhe in der
nordwestlichen Ecke des Gartens oberhalb dem
ausgetrockneten Bette eines Fischteiches, von wo aus der
weitesten Aussicht nichts im Wege steht.
-
- Der Wassergraben des
Husumer Schlosses, Bild: Martin Schlu © 2013
-
- Die meisten
mögen wohl nach Westen blicken, um sich an dem
lichten Grün der Marschen und darüberhin an der
Silberflut des Meeres zu ergötzen, auf welcher das
Schattenspiel der langgestreckten Insel schwimmt; meine
Augen wenden unwillkürlich sich nach Norden, wo,
kaum eine Meile fern, der graue spitze Kirchturm aus dem
höher belegenen, aber öden Küstenlande
aufsteigt; denn dort liegt eine von den Stätten
meiner Jugend.
-
- Der Pastorssohn aus
jenem Dorfe besuchte mit mir die " Gelehrtenschule"
meiner Vaterstadt, und unzählige Male sind wir am
Sonnabendnachmittage zusammen dahinaus gewandert, um dann
am Sonntagabend oder montags früh zu unserem Nepos
oder später zu unserem Cicero nach der Stadt
zurückzukehren. Es war damals auf der Mitte des
Weges noch ein gut Stück ungebrochener Heide
übrig, wie sie sich einst nach der einen Seite bis
fast zur Stadt, nach der anderen ebenso gegen das Dorf
erstreckt hatte. Hier summten auf den Blüten des
duftenden Heidekrauts die Immen und weißgrauen
Hummeln und rannte unter den dürren Stengeln
desselben der schöne goldgrüne Laufkäfer;
hier in den Duftwolken der Eriken und des
(Reclam,
S.4) harzigen Gagelstrauches
schwebten Schmetterlinge, die nirgends sonst zu finden
waren. Mein ungeduldig dem Elternhause zustrebender
Freund hatte oft seine liebe Not, seinen
träumerischen Genossen durch all die Herrlichkeiten
mit sich fortzubringen; hatten wir jedoch das angebaute
Feld erreicht, dann ging es auch um desto munterer
vorwärts, und bald, wenn wir nur erst den langen
Sandweg hinaufwateten, erblickten wir auch schon
über dem dunkeln Grün einer Fliederhecke den
Giebel des Pastorhauses, aus dem das Studierzimmer des
Pastors mit seinen kleinen blinden Fensterscheiben auf
die bekannten Gäste hinabgrüßte. Bei den
Pastorsleuten, deren einziges Kind mein Freund war,
hatten wir allezeit, wie wir hier zu sagen pflegen,
fünf Quartier auf der Elle, ganz abgesehen von der
wunderbaren Naturalverpflegung. Nur die Silberpappel, der
einzig hohe und also auch einzig verlockende Baum des
Dorfes, welche ihre Zweige ein gut Stück oberhalb
des bemoosten Strohdaches rauschen ließ, war gleich
dem Apfelbaum des Paradieses uns verboten und wurde daher
nur heimlich von uns erklettert; sonst war, soviel ich
mich entsinne, alles erlaubt und wurde ja nach unserer
Altersstufe bestens von uns ausgenutzt. Der
Hauptschauplatz unserer Taten war die große
"Priesterkoppel", zu der ein Pförtchen aus dem
Garten führte. Hier wußten wir mit dem den
Buben angebotenen Instinkte die Nester der Lerchen und
der Grauammern aufzuspüren, denen wir dann die
wiederholtesten Besuche abstatteten, um nachzusehen, wie
weit in den letzten zwei Stunden die Eier oder die Jungen
nun gediehen seien; hier auf einer tiefen und, wie ich
jetzt meine, nicht weniger als jene Pappel
gefährlichen Wassergrube, deren Rand mit alten
Weidenstümpfen dicht umstanden war, fingen wir die
flinken schwarzen Käfer, die wir "Wasserfranzosen"
nannten, oder ließen wir ein andermal unsere auf
einer eigens angelegten Werft erbaute Kriegsflotte aus
Walnußschalen (Reclam,
S.5) und Schachteldeckeln
schwimmen. Im Spätsommer geschah es dann auch wohl,
daß wir aus unserer Koppel einen Raubzug nach des
Küsters Garten machten, welcher gegenüber dem
des Pastorates an der anderen Seite der Wassergrube lag;
denn wir hatten dort von zwei verkrüppelten
Apfelbäumen unseren Zehnten einzuheimsen, wofür
uns freilich gelegentlich eine freundschaftliche Drohung
von dem gutmütigen alten Manne zuteil wurde. - So
viele Jugendfreuden wuchsen auf dieser Priesterkoppel, in
deren dürrem Sandboden andere Blumen nicht gedeihen
wollten; nur den scharfen Duft der goldknopfigen
Rainfarren, die hier haufenweis auf allen Wällen
standen, spüre ich noch heute in der Erinnerung,
wenn jene Zeiten mir lebendig werden.
-
- (Reclam, S. 5)
Doch alles dieses beschäftigte uns nur
vorübergehend; meine dauernde Teilnahme dagegen
erregte ein anderes, dem wir selbst in der Stadt nichts
an die Seite zu setzen hatten. - Ich meine damit nicht
etwa die Röhrenbauten der Lehmwespen, die
überall aus den Mauerfugen des Stalles hervorragten,
obschon es anmutig genug war, in beschaulicher
Mittagsstunde das Aus- und Einfliegen der emsigen
Tierchen zu beobachten; ich meine den viel
größeren Bau der alten und ungewöhnlich
stattlichen Dorfkirche. Bis an das Schindeldach des hohen
Turmes war sie von Grund auf aus Granitquadern aufgebaut
und beherrschte, auf dem höchsten Punkt des Dorfes
sich erhebend, die weite Schau über Heide, Strand
und Marschen. -
-
- Die meiste Anziehungskraft für
mich hatte indes das Innere der Kirche; schon der
ungeheure Schlüssel, der von dem Apostel Petrus
selbst zu stammen schien, erregte meine Phantasie. Und in
der Tat erschloß er auch, wenn wir ihn
glücklich dem alten Küster abgewonnen hatten,
die Pforte zu manchen wunderbaren Dingen, aus denen eine
längst vergangene Zeit hier wie mit finstern, dort
mit kindlich frommen Augen, aber immer in geheimnisvollem
Schweigen zu uns Lebenden aufblickte. Da hing mitten in
(Reclam,
S.6) die Kirche hinab ein
schrecklich übermenschlicher Crucifixus, dessen
hagere Glieder und verzerrtes Antlitz mit Blute
überrieselt waren; dem zur Seite an einem
Mauerpfeiler haftete gleich einem Nest die
braungeschnitzte Kanzel, an der aus Frucht- und
Blattgewinden allerlei Tier- und Teufelsfratzen sich
hervorzudrängen schienen. Besondere Anziehung aber
übte der große geschnitzte Altarschrank im
Chor der Kirche, auf dem in bemalten Figuren die
Leidensgeschichte Christi dargestellt war; so seltsam
wilde Gesichter, wie das des Kaiphas oder die der
Kriegsknechte, welche in ihren goldenen Harnischen um des
Gekreuzigten Mantel würfelten, bekam man
draußen im Alltagsleben nicht zu sehen;
tröstlich damit kontrastierte nur das holde Antlitz
der am Kreuze hingesunkenen Maria; ja, sie hätte
leicht mein Knabenherz mit einer phantastischen Neigung
bestricken können, wenn nicht ein anderes mit noch
stärkerem Reize des Geheimnisvollen mich immer
wieder von ihr abgezogen hätte.
-
- Unter all diesen
seltsamen oder wohl gar unheimlichen Dingen hing im
Schiff der Kirche das unschuldige Bildnis
eines toten Kindes, eines
schönen, etwa fünfjährigen Knaben, der,
auf einem mit Spitzen besetzten Kissen ruhend, eine
weiße Wasserlilie in seiner kleinen bleichen Hand
hielt. Aus dem zarten Antlitz sprach neben dem Grauen des
Todes, wie hülfeflehend, noch eine letzte holde Spur
des Lebens; ein unwiderstehliches Mitleid befiel mich,
wenn ich vor diesem Bilde stand.
- Aber es hing nicht
allein hier; dicht daneben schaute aus dunklem Holzrahmen
ein finsterer, schwarzbärtiger Mann
in Priesterkragen und Sammar.
Mein Freund sagte mir, es sei der Vater jenes
schönen Knaben; dieser selbst, so gehe noch heute
die Sage, solle einst in der Wassergrube unserer
Priesterkoppel seinen Tod gefunden haben. Auf dem Rahmen
lasen wir die Jahreszahl 1666; das war lange her. Immer
wieder zog es mich zu diesen beiden Bildern; ein
phantastisches Verlangen ergriff mich, von dem Leben
(Reclam,
S.7) und Sterben des Kindes eine
nähere, wenn auch noch so karge Kunde zu erhalten;
selbst aus dem düsteren Antlitz des Vaters, das
trotz des Priesterkragens mich fast an die Kriegsknechte
des Altarschranks gemahnen wollte, suchte ich sie
herauszulesen.
Nein, es ist nicht der Priester, den Storm beschreibt, aber ungefähr so muß man ihn sich vorstellen.
Das Bild zeigt den Feldprediger, Diakon und Bischof Pauli Mercati aus dem Schleswiger Dom (ca. 1759). Foto: Martin Schlu@ 2013
- - - Nach solchen Studien in dem
Dämmerlicht der alten Kirche erschien dann das Haus
der guten Pastorsleute nur um so gastlicher. Freilich war
es gleichfalls hoch zu Jahren, und der Vater meines
Freundes hoffte, so lange ich denken konnte, auf einen
Neubau; da aber die Küsterei an derselben
Altersschwäche litt, so wurde weder hier noch dort
gebaut. - Und doch, wie freundlich waren trotzdem die
Räume des alten Hauses; im Winter die kleine Stube
rechts, im Sommer die größere links vom
Hausflur, wo die aus den Reformationsalmanachen
herausgeschnittenen Bilder in Mahagonirähmchen an
der weißgetünchten Wand hingen, wo man aus dem
westlichen Fenster nur eine ferne Windmühle,
außerdem aber den ganzen weiten Himmel vor sich
hatte, der sich abends in rosenrotem Schein
verklärte und dann das ganze Zimmer
überglänzte! Die lieben Pastorsleute, die
Lehnstühle mit den roten Plüschkissen, das alte
tiefe Sofa, auf dem Tisch beim Abendbrot der traulich
sausende Teekessel - es war alles helle, freundliche
Gegenwart. Nur eines Abends - wir waren derzeit schon
Sekundaner - kam mir der Gedanke, welch eine
Vergangenheit an diesen Räumen hafte, ob nicht gar
jener tote Knabe einst mit frischen Wangen hier
leibhaftig umhergesprungen sei, dessen Bildnis jetzt wie
mit einer wehmütig holden Sage den düsteren
Kirchenraum erfüllte.
-
- Veranlassung zu solcher
Nachdenklichkeit mochte geben, daß ich am
Nachmittage, wo wir auf meinen Antrieb wieder einmal die
Kirche besucht hatten, unten in einer dunkeln Ecke des
Bildes vier mit roter Farbe geschriebene Buchstaben
entdeckt hatte, die mir bis jetzt entgangen
waren.
-
- (Reclam, S.8)
"Sie lauten C. P. A. S.", sagte ich zu dem Vater meines
Freundes; "aber wir können sie nicht
enträtseln." "Nun", erwiderte dieser, "die Inschrift
ist mir wohl bekannt; und nimmt man das Gerücht zu
Hülfe, so möchten die beiden letzten Buchstaben
wohl mit Aquis submersus, also mit „Ertrunken“ - oder
wörtlich „Im Wasser versunken“ - zu deuten sein; nur
mit dem vorangehenden C. P. wäre man dann noch immer
in Verlegenheit! Der junge Adjunktus unseres
Küsters, der einmal die Quarta passiert ist, meint
zwar, es könne „Casu periculoso“ - "Durch
gefährlichen Zufall- - heißen; aber die alten
Herren jener Zeit dachten logischer; wenn der Knabe dabei
ertrank, so war der Zufall nicht nur bloß
gefährlich."
-
- Ich hatte begierig zugehört.
"Casu" sagte ich; "es könnte auch wohl "Culpa"
heißen?" "Culpa?" wiederholte der Pastor. "Durch
Schuld? - aber durch wessen Schuld?"
-
- Da trat das finstere Bild des alten
Predigers mir vor die Seele, und ohne viel Besinnen rief
ich: "Warum nicht: Culpa patris?"
-
- Der gute Pastor war fast erschrocken.
"Ei, ei, mein junger Freund", sagte er und erhob warnend
den Finger gegen mich. "Durch Schuld des Vaters? - So
wollen wir trotz seines düsteren Ansehens meinen
seligen Amtsbruder doch nicht beschuldigen. Auch
würde er dergleichen wohl schwerlich von sich haben
schreiben lassen." Dies Letztere wollte auch meinem
jugendlichen Verstande einleuchten; und so blieb denn der
eigentliche Sinn der Inschrift nach wie vor ein Geheimnis
der Vergangenheit.
-
- Daß
übrigens jene beiden Bilder sich auch in der Malerei
wesentlich vor einigen alten Predigerbildnissen
auszeichneten, welche gleich daneben hingen, war mir
selbst schon klargeworden; daß aber
Sachverständige in dem Maler
einen tüchtigen
Schüler
altholländischer Meister
erkennen wollten, erfuhr ich freilich jetzt erst durch
den (Reclam,
S.9) Vater meines Freundes. Wie
jedoch ein solcher in dieses arme Dorf verschlagen worden
oder woher er gekommen und wie er geheißen habe,
darüber wußte auch er mir nichts zu sagen. Die
Bilder selbst enthielten weder einen Namen noch ein
Malerzeichen.
-
Fachwerkhäuser aus dem 16./17. Jht .- allerdings in Limburg
- Die Jahre gingen hin. Während
wir die Universität besuchten, starb der gute
Pastor, und die Mutter meines Schulgenossen folgte
später ihrem Sohne auf dessen inzwischen anderswo
erreichte Pfarrstelle; ich hatte keine Veranlassung mehr,
nach jenem Dorfe zu wandern. - Da, als ich selbst schon
in meiner Vaterstadt wohnhaft war, geschah es, daß
ich für den Sohn eines Verwandten ein
Schülerquartier bei guten Bürgersleuten zu
besorgen hatte. Der eigenen Jugendzeit gedenkend,
schlenderte ich im Nachmittagssonnenscheine durch die
Straßen, als mir an der Ecke des Marktes über
der Tür eines alten hochgegiebelten Hauses eine
plattdeutsche Inschrift in die Augen fiel, die
verhochdeutscht etwa lauten würde:
-
- Gleich so wie Rauch und Staub
verschwindt,
Also sind auch die Menschenkind.
-
- Die Worte mochten für
jugendliche Augen wohl nicht sichtbar sein; denn ich
hatte sie nie bemerkt, sooft ich auch in meiner Schulzeit
mir einen Heißewecken bei dem dort wohnenden
Bäcker geholt hatte. Fast unwillkürlich trat
ich in das Haus; und in der Tat, es fand sich hier ein
Unterkommen für den jungen Vetter. Die Stube ihrer
alten „Möddersch"
- so sagte mir der freundliche Meister -, von der
sie Haus und Betrieb geerbt hätten, habe seit Jahren
leer gestanden; schon lange hätten sie sich einen
jungen Gast dafür gewünscht.
-
- Ich wurde eine Treppe
hinaufgeführt, und wir betraten dann ein ziemlich
niedriges, altertümlich ausgestattetes Zimmer,
dessen beide Fenster mit ihren kleinen Scheiben auf den
geräumigen Marktplatz hinausgingen. Früher,
(Reclam,
S.10) erzählte der Meister,
seien zwei uralte Linden vor der Tür gewesen; aber
er habe sie schlagen lassen, da sie allzusehr ins Haus
gedunkelt und auch hier die schöne Aussicht ganz
verdeckt hätten.
-
- Über die Bedingungen wurden wir
bald in allen Teilen einig; während wir dann aber
noch über die jetzt zu treffende Einrichtung des
Zimmers sprachen, war mein Blick auf ein im Schatten
eines Schrankes hängendes Ölgemälde
gefallen, das plötzlich meine ganze Aufmerksamkeit
hinwegnahm. Es war noch wohlerhalten und stellte einen
älteren, ernst und milde blickenden Mann dar, in
einer dunklen Tracht, wie in der Mitte des siebzehnten
Jahrhunderts sie diejenigen aus den vornehmeren
Ständen zu tragen pflegten, welche sich mehr mit
Staatssachen oder gelehrten Dingen als mit dem
Kriegshandwerke beschäftigten.
-
- Der Kopf des alten Herrn, so
schön und anziehend und so trefflich gemalt er immer
sein mochte, hatte indessen nicht diese Erregung in mir
hervorgebracht; aber der Maler hatte ihm einen
blassenKnaben in den Arm gelegt, der in seiner kleinen,
schlaff herabhängenden Hand eine weiße
Wasserlilie hielt; und diesen Knaben kannte ich ja
längst. Auch hier war es wohl der Tod, der ihm die
Augen zugedrückt hatte.
-
- „Woher ist dieses Bild?"
frug ich endlich, da mir plötzlich bewußt
wurde, daß der vor mir stehende Meister mit seiner
Auseinandersetzung innegehalten hatte.
-
- Er sah mich verwundert an. „Das
alte Bild? Das ist von unserer Möddersch", erwiderte
er; „es stammt von ihrem Urgroßonkel,
der ein Maler gewesen und vor mehr als hundert Jahren
hier gewohnt hat. Es sind noch
andre Siebensachen von ihm da."
-
- Bei
diesen Worten zeigte er nach einer kleinen Lade von
Eichenholz, auf welcher allerlei geometrische Figuren
recht zierlich eingeschnitten waren.
-
- Als ich sie von dem Schranke, auf dem
sie stand, herunternahm, fiel der Deckel zurück, und
es zeigten sich mir (Reclam S.
11) als Inhalt einige stark
vergilbte Papierblätter mit sehr alten
Schriftzügen.
- „Darf ich die Blätter
lesen?" frug ich.
-
- „Wenn's Ihnen Pläsier
macht", erwiderte der Meister, „so mögen Sie
die ganze Sache mit nach Hause nehmen; es sind so alte
Schriften; Wert steckt nicht darin."
-
- Ich aber erbat mir und erhielt auch
die Erlaubnis, diese wertlosen Schriften hier an Ort und
Stelle lesen zu dürfen; und während ich mich
dem alten Bilde gegenüber in einen mächtigen
Ohrenlehnstuhl setzte, verließ der Meister das
Zimmer, zwar immer noch erstaunt, doch gleichwohl die
freundliche Verheißung zurücklassend,
daß seine Frau mich bald mit einer guten Tasse
Kaffee regulieren werde.
-
- Ich aber las und hatte im Lesen bald
alles um mich her vergessen.
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