www.martinschlu.de


Kulturgeschichte - Barock - J. S. Bach: Vorfahren und Anfänge


Anfangsseite

Die Vorfahren 1619
Kindheit in Eisenach 1685
Beim Bruder in Ohrdruf 1695
Michaeliskloster Lüneburg1700
Arnstadt und Weimar 1703-1708
Hof in Weimar 1708-1717
Hof in Köthen 1717-1723
Thomaskantor in Leipzig 1723
Kantaten 1724
Johannespassion 1724
Matthäuspassion 1727
Brief an Georg Erdmann 1730
Collegium Musicum 1729-1741
Kunst der Fuge 1742-1749
Musikalisches Opfer 1747
Am Ende 1750

Literatur
Einspielungen

Spätbarock
Barock
Kulturgeschichte
Home

Johann Sebastian Bach 1685 - 1750
Die Vorfahren und die Großfamilie
erstellt von © Martin Schlu - Stand: September 2002 (letzte Rev. 3. Januar 2014)

zurück - weiter -
Ur-Urgroßvater Veith - Urgroßvater Hans - Großvater Christoph - Vater Ambrosius - Kinder - Johann Sebastian
 
1520 - Hans Bach, der Urahn (Ur-ur-urgroßvater)
Die Vorfahren Johann Sebastian Bachs lassen sich bis auf einen Hans Bach zurückverfolgen, der 1520 geboren und 1561 in Wechmar nachweisbar ist. weiter
 
 
um 1555 Veit Bach (Ur-urgroßvater)
Hans Bachs Sohn Veit (Vitus) wird um 1555 im thüringischen Wechmar geboren und zum Bäcker und Müller. ausgebildet. Veit Bach erhält seinen Namen vielleicht als Beinamen, denn das Wort "bachen" bedeutet seit der Lutherzeit nichts anderes als "backen", obwohl es den Namen "Bach" schon vor ihm gegeben hat. Veit wandert nach seiner Ausbildung zum "Weißbäcker" nach Ungarn aus, flüchtet aber während der Gegenreformation Rudolf II. (1576 - 1612) aus Ungarn und ist vermutlich ab 1580 wieder in Wechmar. Seine musikalische Aktivitäten beschränken sich auf Amateurtätigkeit - nach Feierabend und bei Wartezeiten während des Müllerns zupft er mehr für sich selbst eine Art Gitarre, das "cithrinum". Veit stirbt am 8. März 1619 in Wechmar. zurück - weiter
 
Ein anderer - vermutlich jüngerer - Sohn ist Caspar, der von 1620 bis 1640 als "Haußmann" (Stadtpfeifer) in Gotha und Arnstadt nachweisbar ist. Dieser heiratet eine Verwandte (Catherine Bach), kauft in Arnstadt ein Haus und vererbt sein Amt an die Söhne. Außer den beiden gibt es noch zwei weitere mögliche Söhne in Arnstadt, einer davon wird Teppichwirker und hat mit Musik nichts am Hut. - Seitenanfang
 
 
1580 Hans Bach (Urgroßvater)
Veits Sohn Hans erlernt zwar noch das Bäcker-Handwerk, verdient seinen Lebensunterhalt allerdings mehr als Spielmann, der zwischen Gotha, Eisenach und Arnstadt gut zu tun hat und auch von weiter außerhalb geholt wird. Hans heiratet später eine Anna Schmied und hat mit ihr drei Söhne, Johannes, Christoph und Heinrich. Aus allen dreien werden später professionelle Musiker. Hans stirbt am 26.12.1626 in Wechmar an der Pest, seine Frau elf Jahre später (18. September 1635) ebenfalls. Ein anderer Hans Bach (geb. 1555, gest. 1.12. 1615) aus dieser Zeit war wohl Hofnarr bei der Herzogin von Württemberg, könnte aber ein jüngerer Bruder Veits sein.
zum Ur-urgroßvater - weiter - Seitenanfang
 
 
1604 Johannes Bach (Großonkel)
Hans' ältester Sohn Johannes wird am 26.11. 1604 in Wechmar geboren. Durch seinen Vater bekommt er die erste Ausbildung und beginnt siebenjährig eine Stadtpfeiferlehre in Suhl, die er nach sieben Jahren mit dem Gesellenbrief abschließt. Er arbeitet als Spielmann in verschiedenen thüringischen Städten, übernimmt dann die Stadtpfeiferstelle in Suhl und wird Organist in Arnstadt und ab 1628 in Schweinfurt. 1634 wird er in Wechmar Organist und 1635 Direktor der Erfurter Ratsmusik. Nun ist er etabliert und heiratet am 6. Juli 1636 Barbara Hoffmann, die Tochter seines Lehrherren. Als die ein Jahr später bei der Geburt des ersten Kindes stirbt, heiratet der Witwer kurz darauf Hedwig Lämmerhirt. Aus dieser Ehe stammt der älteste Sohn Johann Christian (1640-1682). 1647 wird Johannes Organist an der Predigerkirche in Erfurt und bleibt es bis zu seinem Tode. Aus dieser Zeit sind zwei Motetten erhalten. Johannes stirbt am 13. Mai 1673 in Erfurt. - Seitenanfang
 
 
1613 Christoph Bach (Großvater)
Hans' zweiter Sohn Christoph wird am 19. April 1613 in Wechmar geboren. Vermutlich hat auch er die Grundausbildung beim Vater durchlaufen. Mit knapp zwanzig ist er Stadtmusikant in Wechmar und als "fürstlichen Bedienter" Mitglied der herzoglichen Kapelle. 1640 heiratet er Maria Magdalena Grabler. Da ihr Vater ebenfalls Stadtpfeifer war, hat er sich durch die Heirat evtl. eine Stelle erkauft - jedenfalls steigt er beruflich auf und wird 1642 Mitglied der "Erfurter Musikanten-Compagnie". Ab 1654 lebt er wieder als "gräfl. Hof- und Stadtmusikus" in Arnstadt. Er übt zwar das Amt des Organisten in Wechmar und Arnstadt aus, hat aber seit 1654 den Kantoren Jonas de Fletin, der die Hauptarbeit übernimmt - ein Amt an der Hofkapelle steht sozial höher als der Kirchendienst. Christoph Bach hat drei Söhne: Georg Christoph, (6. 9. 1642 bis 24. 4 1697) wird später Schullehrer und Kantor und die eineiigen Zwillinge Johann Ambrosius und Johann Christoph (geb. am 22. 2. 1645). Johann Ambrosius wird Stadtpfeifer, sein Zwillingsbruder Johann Christoph Organist - beide sehen sich so ähnlich, daß selbst ihre späteren Frauen sie manchmal verwechseln. Christoph Bach stirbt am 12. September 1661 in Arnstadt. zum Urgroßvater - weiter - Seitenanfang
 
 
1615 Heinrich Bach (Großonkel)
Der jüngste Sohn von Johannes ist Heinrich (1615-1692), er ist von 1641 bis 1692 als Organist in Arnstadt nachweisbar - ein Grund vielleicht für Johann Sebastian, auch später dort eine Zeitlang als Organist zu arbeiten, denn eine ganze Reihe Bachs sind als Organisten in Arnstadt nachweisbar - fast hundert Jahre lang. Auch Heinrichs Söhne Johann Christoph (1642-1703) und Johann Günther (1653-1683) werden beide Organisten in Arnstadt und später für Johann Sebastian wichtig werden: J. Christoph beeinflußt als hervorragender Organist und Komponist den Neffen J. Sebastian und J. Michael ist der Vater von Sebastians Kusine Maria Barbara, die dieser später heiraten wird. Ein dritter Sohn Heinrichs, Johann Michael (1648-1694), wird Organist in Gehren - Seitenanfang
 
 
1645 Johann Ambrosius (Vater)
Nach dem ersten Sohn Georg Christoph werden Christoph und seiner Frau Maria Magdalena am 22. Februar die Zwillinge Johann Ambrosius und Johann Christoph geboren. Mit neun Jahren geht Ambrosius nach Arnstadt und wird dort als Violinist und Stadtpfeifer ausgebildet. Nach dem Todes des Vaters 1661 bleibt er noch einige Jahre dort und geht traditionsgemäß als Kunstpfeifergeselle auf die Wanderschaft, was bedeutet, daß er drei Jahre durch das Land ziehen muß, ehe er sich als Meister niederlassen darf (Zimmermannsgesellen tun dies heute noch). 1667 wechselt Ambrosius als Stadtmusiker (Trompeter und Bratschist) nach Erfurt und übernimmt die Stelle seines Vetters J. Christian, der nach Eisenach gegangen ist. Ein Jahr später heiratet Ambrosius am 8. April 1668 seine Kusine, die 24jährige Elisabeth Lämmerhirt (24. 2. 1644 - 3. 5. 1694), die Tochter des Erfurter Ratsherren. Auch dies begründet fast schon eine Tradition, denn der Sohn J. Sebastian wird später auch seine Kusine heiraten. zum Großvater - zum Sohn - zum Lebensende Ambrosius
 
Außerdem gibt es eine Schwester, über die es heißt, sie sei "blödsinnig" und könne "links von rechts nicht unterscheiden". Natürlich wird sie von der Familie liebevoll versorgt und Ambrosius und seine Brüder kümmern sich ihr Leben lang um sie. - Seitenanfang
 
 
1671
Johann Ambrosius bekommt - wieder als Nachfolger seines Vetters J. Christian - die Stelle als "Hof- und Rathsmusicus" und zieht mit seiner Frau Elisabeth im Oktober nach Eisenach. Die Stadt zählt um diese Zeit ca. 6.000 Einwohner und ist damit eine größere Stadt mit Stadtpfeiferei und einem Rathaus mit Turmbläserei. Stadtpfeifer/Turmbläser spielen vor- und nachmittags die Zeitangabe als musikalische Signale auf Zinken und Posaunen vom Kirchturm in die Stadt herunter. Bei Fest- und Feiertagen spielen sie mit Trompeten und Posaunen Choräle und ganze Musikstücke, eine Tradition, die sich in den evangelischen Posaunenchören bis heute erhalten hat. Einer der wichtigen Komponisten für diese "blasende Musick" ist der Leipziger Musiker Johannes Pezelius (1639-1694), der seit 1669 der Leipziger Stadtpfeiferei angehörte und ab 1672 das Collegium Musicum leitete - ein Vorgänger des damals noch nicht geborenen Johann Sebastian. (Hörbeispiel: Sonate 59, aus der Pezelius-Sammlung "Hora Decima" von 1670)
 
Ambrosius bemüht sich in mehreren Gesuchen vergeblich als Leiter der Ratsmusik nach Erfurt zurückzukehren
 
Die Stadt Eisenach hat außerdem ein Dominikanerkloster mit einer Lateinschule (in der auch Luther mal gelernt hat) und in der nahen Wartburg residieren noch die Herzöge von Sachsen-Eisenach. In der Eisenacher Hauptkirche St. Georg gibt es einen Chor und regelmäßigen Orgeldienst. Allgemein üblich ist das "Kurrendesingen" (lat. currere = umherziehen), bei dem die armen Chorsänger vor den Türen der bürgerlichen Häuser singen und dafür Geld für den Lebensunterhalt bekommen (im Rheinland gibt es Ähnliches noch an Sankt Martin, das "Schnörzen"). Übrigens sind die Nebeneinnahmen der Musiker erheblich höher als das bißchen Geld ihrer Festanstellung - da hat sich bis heute nicht viel geändert.  Seitenanfang
 
 
Die Kinder
Johann Ambrosius und seiner Frau Elisabeth werden insgesamt acht Kinder geboren: Das erste Kind, J. Rudolf ist zwar bereits 1670 geboren, doch noch in Erfurt im Alter von sechs Monaten gestorben. 1671 wird der älteste überlebende Sohn, J. Christoph geboren (gestorben 1721, knapp fünfzig Jahre alt), 1673 folgt ein weiterer Sohn, J. Balthasar (1673-1691, er wird immerhin achtzehn Jahre alt), 1675 kommt noch ein Sohn J. Jonas, dieser stirbt allerdings 1685 mit zehn Jahren, 1677 kommt eine Tochter, Marie Solome zur Welt (geb. 1677, sie heiratet später nach Erfurt und stirbt 1727 mit fünfzig Jahren). 1680 folgt eine weitere Tochter, Johanna Juditha, die nur sechs Jahre alt wird (1686) , 1682 folgt ein weiterer Sohn, J. Jacob (dieser wird immerhin vierzig und stirbt 1722 als berühmter Oboist in schwedischen Diensten.) 1685 kommt das Nesthäkchen Johann Sebastian, da ist der älteste Bruder J. Christoph gerade 14 Jahre alt.
 
Üblicherweise heißen die Jungen mit erstem Vornamen alle Johann, bei den Mädchen läßt man sich gewisse Freiheiten, aber Johanna erscheint regelmäßig. Die Quote der Sterblichkeit ist dabei durchaus als normal anzusehen und auch J. Sebastian Bach werden später nur vier von zwanzig Kindern bleiben - alle anderen sterben im Kindes- oder Jugendalter. Die hygienischen Verhältnisse sind einfach nicht familienfreundlich.
 
Ob die Bachs Musiker aus Tradition oder Begabung wurden, mag dahingestellt sein. Die Tradition der mittelalterlichen Zünfte sah zwar vor, daß der Sohn den Beruf des Vaters zu übernehmen hatte, allerdings hätten die Bachs dann - wie Veith und Hans - eigentlich Bäcker werden müssen. Über das gesamte 17. Jahrhundert bis in weite Teile des 18. Jhts. taucht der Name Bach im Arnstädter und Eisenacher Raum aber fast nur als Organist oder Kapellmeister auf - mit wenigen Ausnahmen. Johann Sebastian selbst ist dabei über seinen Landkreis kaum hinausgekommen, doch die Söhne-Generation schafft den Sprung nach Berlin und ins Ausland und ein Bruder Johann Sebastians, Johann Jacob, wird sogar Mitglied der Stockholmer Hofkapelle. Die meisten der 'zig Bache in Thüringen sind dabei biedere Gebrauchsmusiker - Genies sind in der Regel nicht dabei.  Seitenanfang
 
zurück - weiter - nach oben