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Luthers
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- Martin Luther: Die 95 Thesen
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-
- Martin Luthers 95 Thesen wurden ursprünglich
nur als Diskussionsgrundlage an die Tor der
Schloßkapelle der Universität zu Wittenberg
geheftet. Hier ist der Wortlaut der - als Streitschrift
verstandenen - Thesen:
- __________________________
Aus Liebe zur Wahrheit und in dem
Bestreben, diese zu ergründen, soll in Wittenberg
unter dem Vorsitz des ehrwürdigen Vaters Martin
Luther, Magisters der freien Künste und der heiligen
Theologie sowie deren ordentlicher Professor daselbst,
über die folgenden Sätze disputiert werden.
Deshalb bittet er die, die nicht anwesend sein und
mündlich mit uns debattieren können, dieses in
Abwesenheit schriftlich zu tun. Im Namen unseres Herrn
Jesu Christi, Amen.
-
- 1. Da unser Herr und Meister Jesus
Christus spricht: "Tut Buße" usw. (Matth. 4,17),
hat er gewollt, daß das ganze Leben der
Gläubigen Buße sein soll.
-
- 2. Dieses Wort kann nicht von der
Buße als Sakrament - d. h. von der Beichte und
Genugtuung -, die durch das priesterliche Amt verwaltet
wird, verstanden werden.
-
- 3. Es bezieht sich nicht nur auf eine
innere Buße, ja eine solche wäre gar keine,
wenn sie nicht nach außen mancherlei Werke zur
Abtötung des Fleisches bewirkte.
-
- 4. Daher bleibt die Strafe, solange
der Haß gegen sich selbst - das ist die wahre
Herzensbuße - bestehen bleibt, also bis zum Eingang
ins Himmelreich.
-
- 5. Der Papst will und kann keine
Strafen erlassen, außer solchen, die er auf Grund
seiner eigenen Entscheidung oder der der kirchlichen
Satzungen auferlegt hat.
-
- 6. Der Papst kann eine Schuld nur
dadurch erlassen, daß er sie als von Gott erlassen
erklärt und bezeugt, natürlich kann er sie in
den ihm vorbehaltenen Fällen erlassen; wollte man
das geringachten, bliebe die Schuld ganz und gar
bestehen
-
- 7. Gott erläßt
überhaupt keinem die Schuld, ohne ihn zugleich
demütig in allem dem Priester, seinem
Stellvertreter, zu unterwerfen.
-
- 8. Die kirchlichen Bestimmungen
über die Buße sind nur für die Lebenden
verbindlich, den Sterbenden darf demgemäß
nichts auferlegt werden.
-
- 9. Daher handelt der Heilige Geist,
der durch den Papst wirkt, uns gegenüber gut, wenn
er in seinen Erlassen immer den Fall des Todes und der
höchsten Not ausnimmt.
-
- 10. Unwissend und schlecht handeln
diejenigen Priester, die den Sterbenden kirchliche
Bußen für das Fegefeuer aufsparen.
-
- 11. Die Meinung, daß eine
kirchliche Bußstrafe in eine Fegefeuerstrafe
umgewandelt werden könne, ist ein Unkraut, das
offenbar gesät worden ist, während die
Bischöfe schliefen.
-
- 12. Früher wurden die
kirchlichen Bußstrafen nicht nach, sondern vor der
Absolution auferlegt, gleichsam als Prüfstein
für die Aufrichtigkeit der Reue.
-
- 13. Die Sterbenden werden durch den
Tod von allem gelöst, und für die kirchlichen
Satzungen sind sie schon tot, weil sie von Rechts wegen
davon befreit sind.
-
- 14. Ist die Haltung eines Sterbenden
und die Liebe (Gott gegenüber) unvollkommen, so
bringt ihm das notwendig große Furcht, und diese
ist um so größer, je geringer jene
ist.
-
- 15. Diese Furcht und dieser Schrecken
genügen für sich allein - um von anderem zu
schweigen -, die Pein des Fegefeuers auszumachen; denn
sie kommen dem Grauen der Verzweiflung ganz
nahe.
-
- 16. Es scheinen sich demnach
Hölle, Fegefeuer und Himmel in der gleichen Weise zu
unterscheiden wie Verzweiflung, annähernde
Verzweiflung und Sicherheit.
-
- 17. Offenbar haben die Seelen im
Fegefeuer die Mehrung der Liebe genauso nötig wie
eine Minderung des Grauens.
-
- 18. Offenbar ist es auch weder durch
Vernunft- noch Schriftgründe erwiesen, daß sie
sich außerhalb des Zustandes befinden, in dem sie
Verdienste erwerben können oder in dem die Liebe
zunehmen kann.
-
- 19. Offenbar ist auch dieses nicht
erwiesen, daß sie - wenigstens nicht alle - ihrer
Seligkeit sicher und gewiß sind, wenngleich wir
ihrer völlig sicher sind.
-
- 20. Daher meint der Papst mit dem
vollkommenen Erlaß aller Strafen nicht einfach den
Erlaß sämtlicher Strafen, sondern nur
derjenigen, die er selbst auferlegt hat.
-
- 21. Deshalb irren jene
Ablaßprediger, die sagen, daß durch die
Ablässe des Papstes der Mensch von jeder Strafe frei
und los werde.
-
- 22. Vielmehr erläßt er den
Seelen im Fegefeuer keine einzige Strafe, die sie nach
den kirchlichen Satzungen in diesem Leben hätten
abbüßen müssen.
-
- 23. Wenn überhaupt irgendwem
irgendein Erlaß aller Strafen gewährt werden
kann, dann gewiß allein den Vollkommensten, das
heißt aber, ganz wenigen.
-
- 24. Deswegen wird zwangsläufig
ein Großteil des Volkes durch jenes in Bausch und
Bogen und großsprecherisch gegebene Versprechen des
Straferlasses getäuscht.
-
- 25. Die gleiche Macht, die der Papst
bezüglich des Fegefeuers im allgemeinen hat, besitzt
jeder Bischof und jeder Seelsorger in seinem Bistum bzw.
seinem Pfarrbezirk im besonderen.
-
- 26. Der Papst handelt sehr richtig,
den Seelen (im Fegefeuer) die Vergebung nicht auf Grund
seiner - ihm dafür nicht zur Verfügung
stehenden - Schlüsselgewalt, sondern auf dem Wege
der Fürbitte zuzuwenden.
-
- 27. Menschenlehre verkündigen
die, die sagen, daß die Seele (aus dem Fegefeuer)
emporfliege, sobald das Geld im Kasten
klingt.
-
- 28. Gewiß, sobald das Geld im
Kasten klingt, können Gewinn und Habgier wachsen,
aber die Fürbitte der Kirche steht allein auf dem
Willen Gottes.
-
- 29. Wer weiß denn, ob alle
Seelen im Fegefeuer losgekauft werden wollen, wie es
beispielsweise beim heiligen Severin und Paschalis nicht
der Fall gewesen sein soll.
-
- 30. Keiner ist der Echtheit seiner
Reue gewiß, viel weniger, ob er völligen
Erlaß (der Sündenstrafe) erlangt
hat.
-
- 31. So selten einer in rechter Weise
Buße tut, so selten kauft einer in der rechten
Weise Ablaß, nämlich außerordentlich
selten.
-
- 32. Wer glaubt, durch einen
Ablaßbrief seines Heils gewiß sein zu
können, wird auf ewig mit seinen Lehrmeistern
verdammt werden.
-
- 33. Nicht genug kann man sich vor
denen hüten, die den Ablaß des Papstes jene
unschätzbare Gabe Gottes nennen, durch die der
Mensch mit Gott versöhnt werde.
-
- 34. Jene Ablaßgnaden beziehen
sich nämlich nur auf die von Menschen festgesetzten
Strafen der sakramentalen Genugtuung.
-
- 35. Nicht christlich predigen die,
die lehren, daß für die, die Seelen (aus dem
Fegefeuer) loskaufen oder Beichtbriefe erwerben, Reue
nicht nötig sei.
-
- 36. Jeder Christ, der wirklich
bereut, hat Anspruch auf völligen Erlaß von
Strafe und Schuld, auch ohne
Ablaßbrief.
-
- 37. Jeder wahre Christ, sei er
lebendig oder tot, hat Anteil an allen Gütern
Christi und der Kirche, von Gott ihm auch ohne
Ablaßbrief gegeben.
-
- 38. Doch dürfen der Erlaß
und der Anteil (an den genannten Gütern), die der
Papst vermittelt, keineswegs geringgeachtet werden, weil
sie - wie ich schon sagte - die Erklärung der
göttlichen Vergebung darstellen.
-
- 39. Auch den gelehrtesten Theologen
dürfte es sehr schwerfallen, vor dem Volk zugleich
die Fülle der Ablässe und die Aufrichtigkeit
der Reue zu rühmen.
-
- 40. Aufrichtige Reue begehrt und
liebt die Strafe. Die Fülle der Ablässe aber
macht gleichgültig und lehrt sie hassen, wenigstens
legt sie das nahe.
-
- 41. Nur mit Vorsicht darf der
apostolische Ablaß gepredigt werden, damit das Volk
nicht fälschlicherweise meint, er sei anderen guten
Werken der Liebe vorzuziehen.
-
- 42. Man soll die Christen lehren: Die
Meinung des Papstes ist es nicht, daß der Erwerb
von Ablaß in irgendeiner Weise mit Werken der
Barmherzigkeit zu vergleichen sei.
-
- 43. Man soll den Christen lehren: Dem
Armen zu geben oder dem Bedürftigen zu leihen ist
besser, als Ablaß zu kaufen.
-
- 44. Denn durch ein Werk der Liebe
wächst die Liebe und wird der Mensch besser, aber
durch Ablaß wird er nicht besser, sondern nur
teilweise von der Strafe befreit.
-
- 45. Man soll die Christen lehren: Wer
einen Bedürftigen sieht, ihn übergeht und statt
dessen für den Ablaß gibt, kauft nicht den
Ablaß des Papstes, sondern handelt sich den Zorn
Gottes ein.
-
- 46. Man soll die Christen lehren:
Die, die nicht im Überfluß leben, sollen das
Lebensnotwendige für ihr Hauswesen behalten und
keinesfalls für den Ablaß
verschwenden.
-
- 47. Man soll die Christen lehren: Der
Kauf von Ablaß ist eine freiwillige Angelegenheit,
nicht geboten.
-
- 48. Man soll die Christen lehren: Der
Papst hat bei der Erteilung von Ablaß ein für
ihn dargebrachtes Gebet nötiger und wünscht es
deshalb auch mehr als zur Verfügung gestelltes
Geld.
-
- 49. Man soll die Christen lehren: Der
Ablaß des Papstes ist nützlich, wenn man nicht
sein Vertrauen darauf setzt, aber sehr schädlich,
falls man darüber die Furcht Gottes
fahrenläßt.
-
- 50. Man soll die Christen lehren:
Wenn der Papst die Erpressungsmethoden der
Ablaßprediger wüßte, sähe er lieber
die Peterskirche in Asche sinken, als daß sie mit
Haut, Fleisch und Knochen seiner Schafe erbaut
würde.
-
- 51. Man soll die Christen lehren: Der
Papst wäre, wie es seine Pflicht ist, bereit - wenn
nötig -, die Peterskirche zu verkaufen, um von
seinem Gelde einem großen Teil jener zu geben,
denen gewisse Ablaßprediger das Geld aus der Tasche
holen.
-
- 52. Auf Grund eines
Ablaßbriefes das Heil zu erwarten ist eitel, auch
wenn der (Ablaß-) Kommissar, ja der Papst selbst
ihre Seelen dafür verpfändeten.
-
- 53. Die anordnen, daß um der
Ablaßpredigt willen das Wort Gottes in den
umliegenden Kirchen völlig zum Schweigen komme, sind
Feinde Christi und des Papstes.
-
- 54. Dem Wort Gottes geschieht
Unrecht, wenn in ein und derselben Predigt auf den
Ablaß die gleiche oder längere Zeit verwendet
wird als für jenes.
-
- 55. Die Meinung des Papstes ist
unbedingt die: Wenn der Ablaß - als das Geringste -
mit einer Glocke, einer Prozession und einem Gottesdienst
gefeiert wird, sollte das Evangelium - als das
Höchste - mit hundert Glocken, hundert Prozessionen
und hundert Gottesdiensten gepredigt werden.
-
- 56. Der Schatz der Kirche, aus dem
der Papst den Ablaß austeilt, ist bei dem Volke
Christi weder genügend genannt noch
bekannt.
-
- 57. Offenbar besteht er nicht in
zeitlichen Gütern, denn die würden viele von
den Predigern nicht so leicht mit vollen Händen
austeilen, sondern bloß sammeln.
-
- 58. Er besteht aber auch nicht aus
den Verdiensten Christi und der Heiligen, weil diese
dauernd ohne den Papst Gnade für den inwendigen
Menschen sowie Kreuz, Tod und Hölle für den
äußeren bewirken.
-
- 59. Der heilige Laurentius hat
gesagt, daß der Schatz der Kirche ihre Armen seien,
aber die Verwendung dieses Begriffes entsprach der
Auffassung seiner Zeit.
-
- 60. Wohlbegründet sagen wird,
daß die Schlüssel der Kirche - die ihr durch
das Verdienst Christi geschenkt sind - jenen Schatz
darstellen.
-
- 61. Selbstverständlich
genügt die Gewalt des Papstes allein zum Erlaß
von Strafen und zur Vergebung in besondern, ihm
vorbehaltenen Fällen.
-
- 62. Der wahre Schatz der Kirche ist
das allerheiligste Evangelium von der Herrlichkeit und
Gnade Gottes.
-
- 63. Dieser ist zu Recht allgemein
verhaßt, weil er aus Ersten Letzte
macht.
-
- 64. Der Schatz des Ablasses jedoch
ist zu Recht außerordentlich beliebt, weil er aus
Letzten Erste macht.
-
- 65. Also ist der Schatz des
Evangeliums das Netz, mit dem man einst die Besitzer von
Reichtum fing.
-
- 66. Der Schatz des Ablasses ist das
Netz, mit dem man jetzt den Reichtum von Besitzenden
fängt.
-
- 67. Der Ablaß, den die
Ablaßprediger lautstark als außerordentliche
Gnaden anpreisen, kann tatsächlich dafür
gelten, was das gute Geschäft anbelangt.
-
- 68. Doch sind sie, verglichen mit der
Gnade Gottes und der Verehrung des Kreuzes, in der Tat
ganz geringfügig.
-
- 69. Die Bischöfe und Pfarrer
sind gehalten, die Kommissare des apostolischen Ablasses
mit aller Ehrerbietung zuzulassen.
-
- 70. Aber noch mehr sind sie gehalten,
Augen und Ohren anzustrengen, daß jene nicht
anstelle des päpstlichen Auftrags ihre eigenen
Phantastereien predigen.
-
- 71. Wer gegen die Wahrheit des
apostolischen Ablasses spricht, der sei verworfen und
verflucht.
-
- 72. Aber wer gegen die
Zügellosigkeit und Frechheit der Worte der
Ablaßprediger auftritt, der sei
gesegnet.
-
- 73. Wie der Papst zu Recht seinen
Bannstrahl gegen diejenigen schleudert, die hinsichtlich
des Ablaßgeschäftes auf mannigfache Weise
Betrug ersinnen.
-
- 74. So will er viel mehr den
Bannstrahl gegen diejenigen schleudern, die unter dem
Vorwand des Ablasses auf Betrug hinsichtlich der heiligen
Liebe und Wahrheit sinnen.
-
- 75. Es ist irrsinnig zu meinen,
daß der päpstliche Ablaß mächtig
genug sei, einen Menschen loszusprechen, auch wenn er -
was ja unmöglich ist - der Gottesgebärerin
Gewalt angetan hätte.
-
- 76. Wir behaupten dagegen, daß
der päpstliche Ablaß auch nicht die geringste
läßliche Sünde wegnehmen kann, was deren
Schuld betrifft.
-
- 77. Wenn es heißt, auch der
heilige Petrus könnte, wenn er jetzt Papst
wäre, keine größeren Gnaden austeilen, so
ist das eine Lästerung des heiligen Petrus und des
Papstes.
-
- 78. Wir behaupten dagegen, daß
dieser wie jeder beliebige Papst größere hat,
nämlich das Evangelium, "Geisteskräfte und
Gaben, gesund zu machen" usw., wie es 1. Kor. 12
heißt.
-
- 79. Es ist Gotteslästerung zu
sagen, daß das (in den Kirchen) an hervorragender
Stelle errichtete (Ablaß-) Kreuz, das mit dem
päpstlichen Wappen versehen ist, dem Kreuz Christi
gleichkäme.
-
- 80. Bischöfe, Pfarrer und
Theologen, die dulden, daß man dem Volk solche
Predigt bietet, werden dafür Rechenschaft ablegen
müssen.
-
- 81. Diese freche Ablaßpredigt
macht es auch gelehrten Männern nicht leicht, das
Ansehen des Papstes vor böswilliger Kritik oder
sogar vor spitzfindigen Fragen der Laien zu
schützen.
-
- 82. Zum Beispiel: Warum räumt
der Papst nicht das Fegefeuer aus um der heiligsten Liebe
und höchsten Not der Seelen willen - als aus einem
wirklich triftigen Grund -, da er doch unzählige
Seelen loskauft um des unheilvollen Geldes zum Bau einer
Kirche willen - als aus einem sehr fadenscheinigen Grund
-?
-
- 83. Oder: Warum bleiben die
Totenmessen sowie Jahrfeiern für die Verstorbenen
bestehen, und warum gibt er (der Papst) nicht die
Stiftungen, die dafür gemacht worden sind,
zurück oder gestattet ihre Rückgabe,wenn es
schon ein Unrecht ist, für die Losgekauften zu
beten?
-
- 84. Oder: Was ist das für eine
neue Frömmigkeit vor Gott und dem Papst, daß
sie einem Gottlosen und Feinde erlauben, für sein
Geld eine fromme und von Gott geliebte Seele loszukaufen;
doch um der eigenen Not dieser frommen und geliebten
Seele willen erlösen sie diese nicht aus
freigeschenkter Liebe?
-
- 85. Oder: Warum werden die
kirchlichen Bußsatzungen, die "tatsächlich und
durch Nichtgebrauch" an sich längst abgeschafft und
tot sind, doch noch immer durch die Gewährung von
Ablaß mit Geld abgelöst, als wären sie
höchst lebendig?
-
- 86. Oder: Warum baut der Papst, der
heute reicher ist als der reichste Crassus, nicht
wenigstens die eine Kirche St. Peter lieber von seinem
eigenen Geld als dem der armen
Gläubigen?
-
- 87. Oder: Was erläßt der
Papst oder woran gibt er denen Anteil, die durch
vollkommene Reue ein Anrecht haben auf völligen
Erlaß und völlige Teilhabe?
-
- 88. Oder: Was könnte der Kirche
Besseres geschehen, als wenn der Papst, wie er es (jetzt)
einmal tut, hundertmal am Tage jedem Gläubigen
diesen Erlaß und diese Teilhabe zukommen
ließe?
-
- 89. Wieso sucht der Papst durch den
Ablaß das Heil der Seelen mehr als das Geld; warum
hebt er früher gewährte Briefe und Ablässe
jetzt auf, die doch ebenso wirksam sind?
-
- 90. Diese äußerst
peinlichen Einwände der Laien nur mit Gewalt zu
unterdrücken und nicht durch vernünftige
Gegenargumente zu beseitigen heißt, die Kirche und
den Papst dem Gelächter der Feinde auszusetzen und
die Christenheit unglücklich zu machen.
-
- 91. Wenn daher der Ablaß dem
Geiste und der Auffassung des Papstes gemäß
gepredigt würde, lösten sich diese
(Einwände) alle ohne weiteres auf, ja es gäbe
sie überhaupt nicht.
-
- 92. Darum weg mit allen jenen
Propheten, die den Christen predigen: "Friede, Friede",
und ist doch kein Friede.
-
- 93. Wohl möge es gehen allen den
Propheten, die den Christen predigen: "Kreuz, Kreuz", und
ist doch kein Kreuz.
-
- 94. Man soll die Christen ermutigen,
daß sie ihrem Haupt Christus durch Strafen, Tod und
Hölle nachzufolgen trachten ,
-
- 95. und daß die lieber darauf
trauen, durch viele Trübsale ins Himmelreich
einzugehen, als sich in falscher geistlicher Sicherheit
zu beruhigen.
-
- benutzte Quellen:
Thiel, Rudolf: Martin Luther. Ketzer von Gottes
Gnaden.Berlin 1933/Wien 1986
KDG Wittenberg http://www.wittenberg.de
Bertelsmann Universallexikon, Bertelsmann Electronic
Publishing, München, 1994
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